: Aufstand der Lämmer: Beratung ohne Papst
■ Nach dem Veto des Papstes gegen die kirchliche Beratung von Schwangeren wollen die katholischen Laien diese selbst organisieren. Familienministerin Bergmann stimmt zu. Bischofskonferenz tagt ab Montag in Würzburg
Berlin (taz) – In der katholischen Kirche formiert sich massiver Widerstand gegen den Druck aus Rom. Die katholischen Laienorganisationen haben angekündigt, eine Schwangerenkonfliktberatung außerhalb der Amtskirche zu organisieren, falls die Bischöfe sich nicht für den Verbleib der Kirche in der gesetzlichen Beratung einsetzten. Die Bischofskonferenz wird Anfang nächster Woche bei einem Treffen in Würzburg über einen Brief des Papstes debattieren, der offensichtlich die Aufforderung zum Ausstieg aus der Konfliktberatung enthält.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans-Joachim Meyer, kündigte eine „Aktion zur Förderung der Schwangerschaftskonfliktberatung“ an. Unterstützt wird das Vorhaben auch aus der Politik. Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) unterstrich, daß solche formal außerkirchlichen Beratungsstellen durchaus anerkannt würden, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten. Dazu gehört die Ausstellung von Beratungsscheinen, die zur Abtreibung berechtigen.
PolitikerInnen aller Parteien haben sich für den Verbleib der katholischen Kirche in der Konfliktberatung ausgesprochen. Die Sozialministerinnen von Bayern und Hessen, Barbara Stamm (CSU) und Marlies Mosiek-Urbahn (CDU), wie auch die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) forderten die Kirche auf, nach Wegen dafür zu suchen.
Die Ursache der allgemeinen Beunruhigung blieb dabei weiterhin im Nebel: Über den genauen Inhalt des Briefes aus Rom schwiegen die Bischöfe sich gestern aus. Nach Informationen der kirchenpolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Christa Nickels, hat der Papst den Bischöfen eine Übergangsfrist von zwölf Monaten gesetzt, in der sie das staatliche System der Beratung verlassen sollen.
Die Laienorganisationen üben nun zusätzlichen Druck von unten aus. Bereits vor einem Jahr gründete die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ den Verein „Frauenwürde“, der ein katholisches Beratungskonzept innerhalb des staatlichen Rahmens entwickelte. In der hessischen Diözese Fulda, in der keine Beratungsscheine ausgestellt werden, und in der rheinischen Diözese Köln hat der Verein bereits eine Genehmigung als Konfliktberatungsstelle beantragt. Auch für Bayern ist die Einrichtung einer solchen außerkirchlichen katholischen Beratung vorgesehen. Heide Oestreich
Berichte und Interview mit Christa Nickels Seite 4
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