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Klemann macht den Weg frei für höhere Mieten

■  Mietbegrenzungen in Ostberliner Sanierungsgebieten sollen künftig nicht einmal mehr ein Jahr gelten. Die Verlängerung auf fünf und sieben Jahre in Prenzlauer Berg und Lichtenberg wird kassiert

Den 100.000 Mietern in den Ostberliner Sanierungsgebieten drohen schwere Zeiten. Bausenator Jürgen Klemann (CDU) will die Mietobergrenzen, die bei privaten Modernisierungsmaßnahmen die Mietsteigerung bislang einschränkten, faktisch abschaffen. Dies geht aus einem Entwurf der Abteilung Stadterneuerung des Bausenators vor, der der taz vorliegt.

Voraussetzung für die Anwendung einer Mietobergrenze soll künftig sein, „daß sie dem Zweck der Genehmigung nicht zuwiderlaufen darf“. Diese „Öffnungsklausel“ betrifft vor allem die Fälle, in denen der Eigentümer nachweisen kann, daß eine Mietbegrenzung für ihn nicht „wirtschaftlich vertretbar“ ist. In diesem Fall, so heißt es in dem Entwurf, sei zu prüfen, ob eine Festlegung der Mietbeschränkung „verhältnismäßig“ sei.

Der Kern des Entwurfs ist allerdings die Abschaffung der zeitlichen Bindung der Mietobergrenzen. Laut Entwurf aus dem Hause Klemann soll eine Mietbeschränkung künftig nur die „Einstiegsmiete“ definieren. Im Klartext heißt dies, daß die gesetzlich zulässigen Mietsteigerungen von 30 Prozent in drei Jahren sofort nach Beendigung der Modernisierung möglich sind.

Klemanns Entwurf ist damit auch eine deutliche Absage an die Bezirke Lichtenberg und Prenzlauer Berg, die die Gültigkeitsdauer der Mietobergrenzen von einem auf sieben beziehungsweise fünf Jahre verlängert hatten. In Friedrichshain und Pankow stand eine Verlängerung ebensfalls bevor. Auswirkungen hätte eine endgültige Festlegung Klemanns auf diese Position aber auch auf die zahlreichen Milieuschutzgebiete der Stadt, in denen weitere 50.000 MieterInnen leben. Die in diesem Fall zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte nämlich bereits in der Vergangenheit angedeutet, sich an den Ausführungsvorschriften der Bauverwaltung orientieren zu wollen.

Der Sprecher der Betroffenenvertretungen in den fünf Sanierungsgebieten in Prenzlauer Berg, Matthias Bernt, bezeichnete den Entwurf gestern als Katastrophe. Damit würden die letzten Reste der behutsamen Stadterneuerung geopfert werden. Ähnlich äußerte sich auch Uli Lautenschläger von der Mieterberatung Prenzlauer Berg. Tenor des Vorschlags, so Lautenschläger, sei die Verschiebung der sozialen Sanierungsziele hin zur Wirtschaftlichkeit für den Eigentümer.

Auch aus dem Abgeordnetenhaus regt sich Kritik. Michael Arndt, wohnungspolitischer Sprecher der SPD, sagte, daß er statt einer generellen Aufhebung oder Verlängerung der Mietobergrenzen eine stärkere Orientierung auf den Einzelfall befürworte. Arndt will das Thema Mietobergrenzen auf der heutigen Sitzung des Bauausschusses zur Sprache bringen. Uwe Rada

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