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Schneller bis zum nächsten Stau

■  Von nächster Woche an vertreibt die Telekom eine Technik, die ganz gewöhnliche Telefonleitungen sehr viel besser für den Datenverkehr nutzt, als es bisher möglich war

ehn Jahre nach der Einführung von ISDN bietet die Telekom einen wirklichen Hochgeschwindigkeitszugang zum Internet an. Vom 1. Juli 1999 an können Telekom-Kunden einen ADSL-Zugang zu T-Online bekommen, den die Telekom unter dem Namen T-DSL vertreibt. ADSL (Asymmetric Digital Subscriber Line) nutzt die bereits vorhandenen, zweiadrigen Kupferleitungen des Telefonnetzes. Zur Zeit werden die Kupferadern ausschließlich für die Übertragung von Sprache genutzt. Dafür werden Frequenzen bis zu 4 Kilohertz belegt. Die Leitungen decken jedoch einen Frequenzbereich bis zu 1,1 Megahertz ab und bieten damit theoretisch das 250fache an möglichem Durchsatz von binären Daten an. Da aber mit steigendem Frequenzbereich hohe Übertragungsverluste auftreten, werden im praktischen Einsatz nur Frequenzen unterhalb 120 Kilohertz genutzt.

Doch soviel Platz wird nicht immer gebraucht. Die ADSL-Technik teilt die vorhandene Leitung in drei Kanäle auf: Einer befördert die Daten vom heimischen Computer ins Internet, über den zweiten fließen sie in umgekehrter Richtung, der dritte bleibt für die analoge Übertragung von Telefongesprächen auf niedrigen Frequenzen reserviert. Die Erfahrung lehrt nun, daß beim durchschnittlichen Surfen die beiden ersten Kanäle asymmetrisch genutzt werden: Nur etwa zehn Prozent der Datenmenge, die „downstream“ aus dem Netz in den PC fließt, geht den umgekehrten Weg „upstream“ ins Internet.

Da die Daten zunächst nur über ein Kabel in Haus geschickt werden, wird ein sogenannter Splitter nötig, der sie sortiert und an das entsprechende Gerät weiterleitet – ähnlich einer Frequenzweiche in Lautsprecherboxen. Mit dieser Methode erreicht ADSL Übertragungsraten von maximal 8 Megabit pro Sekunde downstream und 1 Megabit Pro Sekunde upstream. Für den praktischen Einsatz hat die Telekom das Tempo jedoch auf 768 Kilobit pro Sekunde downstream und 128 Kilobit pro Sekunde upstream gedrosselt.

Um den eigenen Rechner ADSL-tauglich zu machen, ist nur eine sogenannte Ethernet-Netzwerkkarte nötig, die es bereits für weit unter 100 Mark zu kaufen gibt. Sie wird gebraucht, weil die bisher üblichen Schnittstellen der PCs einerseits zu langsam für die großen Datenmengen sind und andererseits aufwendige Treiber erfordern. Mit dem schon lange standardisierten Ethernet-Adapter bleibt ADSL kompatibel zu sehr unterschiedlichen Computersystemen. Damit endet die Freizügigkeit aber auch schon. Wer bislang ohne ISDN auskam, muß nachrüsten und mindestens einen ISDN-Anschluß samt Adapter für die alte, analoge Hardware kaufen. Die Vermarktungsstrategie der Deutschen Telekom sieht nämlich vor, den ADSL-Zugang ausschließlich zusammen mit einem ISDN-Zugang zu vertreiben. Eine technische Notwendigkeit dafür besteht nicht, denn die Daten werden nicht in der Vermittlungsstelle, sondern erst nach der Übertragung ins Haus in die drei Kanäle aufgeteilt.

Die dazu nötige Hardware wird von der Telekom überlassen. Im monatlichen Grundpreis von 98 Mark sind die Frequenzweiche („Splitter“), ein ISDN-Netzabschlußgerät und ein ADSL-Modem enthalten. Angeschlossen wird das alles an die bekannte TAE-Telefondose. Die einmalige Bereitstellungsgebühr beträgt 299 Mark, weitere Zusatzkosten entfallen nur dann, wenn schon ein ISDN-Anschluß vorhanden ist. Auch Laien können die Komponenten installieren – sie sollten das tun, um die Anfangskosten nicht noch weiter in die Höhe zu treiben. Danach sind die Nutzungsgebühren vergleichsweise niedrig. Aber leider müssen Zeitkontingente vorab gekauft werden. Eine Kombination aus Grundgebühr und Minutenpreis fehlt, die ADSL auch für Gelegenheitssurfer attraktiv machen würde. Zwei Tarifmodelle stehen zur Auswahl: Für monatlich 99 Mark gibt es 50 Onlinestunden, 100 Stunden kosten 149 Mark. Jede weitere Minute schlägt dann mit 6 Pfennig zu Buche – inklusive der Telefongebühren. Darüber hinaus wird die bereits von T-Online bekannte Einwahlstrafe in Höhe von weiteren 6 Pfennig pro Verbindungsaufbau erhoben – da die Verbindungsdauer wegen der höheren Geschwindigkeit zum Teil radikal verkürzt wird, kann der Kostenvorteil von ADSL schnell zusammenschmelzen, wenn mehrere kurze Sitzungen statt einer längeren abgehalten werden.

So attraktiv ADSL ist, so begrenzt ist seine räumliche Reichweite. Je länger die Leitung zwischen Vermittlungsstelle und Hausanschluß, desto niedriger die Übertragungsrate. Die Obergrenze liegt heute bei etwa fünf Kilometern. In ländlichen Regionen kann ADSL deshalb nicht zuverlässig arbeiten, und die Telekom bietet den neuen Dienst zunächst nur in Ballungsräumen und Großstädten an, etwa in Berlin, Köln oder Düsseldorf. Und weil ADSL speziell für Kupferkabel konzipiert ist, versagt die Technik just dort, wo die Telekom ausschließlich ihre einst als hochmodern gepriesenen Glasfaserkabel verlegt hat. Das ist insbesondere in Teilen Ostdeutschlands der Fall.

Diese Lücke kann ein Angebot der Berliner Firma Strato namens „SkyDSL“ füllen. Das System überträgt die Daten downstream über eine Satellitenanlage. Die Rate beträgt höchstens 4 Megabit pro Sekunde – weniger als ADSL im Festnetz, aber immer deutlich mehr als die gebremste Version der Telekom. Für den Upstream zurück ist eine normale Interneteinwahl per ISDN nötig. Die Preise für eine solche Satellitenverbindung sind allerdings noch vergleichsweise hoch, zumal die Rückleitung separat bezahlt werden muß. Der große Vorteil besteht jedoch darin, daß die Zugangsprovider frei wählbar sind – es muß nicht der eigene Onlinedienst der Telekom sein, die noch immer das Monopl der letzten Meile besitzt und deshalb bis heute der einzige Anbieter von ADSL im Festnetz ist.

Die neue Technik allein macht das Internet nicht in jedem Fall schneller. Spiegelglatt ist nur die erste Strecke, danach kann ein langsamer Server das Tempo leicht auf das Niveau des Dampfmodems herunterbringen. Doch in den Labors der Industrie wird fleißig nach Alternativen für Übertragungswege gesucht, die von den herkömlichen Telefonnutzern unabhängig sind. Dazu zählen leistungsfähige und billige Satellitenverbindungen, die in Zukuft insbesondere für ländliche oder gänzlich unerschlossene Gebiete interessant sein dürften. Es wird an der „Digital Powerline“, einer Datenübertragung über das Stromnetz, gearbeitet, und auch das Fernsehkabelnetz könnte für eine Intenetanbindung hergerichtet werden. Dasselbe gilt für Telefon-Funkstrecken, wenn der heutige, langsame GSM-Standard schon bald durch neuere, wesentlich schnellere Netze ersetzt wird.

Vermutlich zur Jahrtausendwende wird es flächendeckend funktionierende Systeme geben, die billiger und wesentlich schneller sein werden als T-DSL. Wer also nicht zwingend sofort eine bessere Internetanbindung als bisher haben will, tut gut daran abzuwarten. Wenn erst einmal mehrere Anbieter unterschiedlicher Hochgeschwindigkeitssysteme auf dem Markt auftreten, dürften auch die Preise und Vermarktungsstrategien flexibler werden.

Holger Klein

klein@flix.de

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