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Knitterfreie Subversion

■ Sinn verneinen und gebrochen eskapistisch tun: Die DJs der Futurelounge mit modernen und urbanen Sounds im Schleusenkrug

In einer total pompösen Bar sitzen und pro Cocktail 18 Mark salopp aus dem Fenster schmeißen, die man nicht wirklich hat. Ringsum Menschen in feinem Tuch und funkelnden Accessoires, die sich nicht viel zu sagen haben und blasierte Gesichter machen. Die orange-erbsgrün gescheckten Polsterbezüge aus Polyester sind flauschig und angenehm anschmiegsam. Die dezente Chromtheke schillert harmonisch dazu. Ellipsenförmig im Mund die Olive, das zerstoßene Eis, weiter unten die Hüfte sachte kreisen lassen. Den Feierabend bis zum Gehtnichtmehr auskosten. Das ist die subversive Kraft von Büroschluß, Wochenende, Urlaub, Entspannung und Regeneration, viel subversiver, als nachts um eins noch für den vierten Nebenjob rotieren zu müssen.

Und der passende Soundtrack dazu? Der kommt aus Nürnberg, aus dem Hause Stereo Deluxe, und trägt den vernünftigen Namen Futurelounge. Stereo Deluxe ist verblüffenderweise eine locker verwobene Schwesterfirma der Gothiclabels Hyperium, Hypnobeat und Maximal Brain Disfunction mit ihren unsäglichen Bands und „Heavenly Voices“-Samplern.

Oliver Rösch und Horst Herold haben sich aber erfolgreich von diesen finsteren Tonfällen freigestellt und machen seit nunmehr drei Jahren ein Label für „modern urban sound“. Hier ist nicht nur die Idee für das famose und leider dahingegangene Label incoming! entstanden, hier hat es auch großartige Compilations gegeben wie „Basic Instinct“ und „Slow Mo'“ eins und zwei, auf denen von Menschen wie Plain Lazy, Waldeck und Thievery Corporation probiert wurde, wie langsam man schwingen kann, bevor das Gleichgewicht verlorengeht. Wie bei sehr vielen sehr angesagten Labels dieser Zeit gibt es in Nürnberg einen Plattenladen desselben Namens, assoziierte Club-Projekte und Partyreihen. Und nicht zuletzt ist Stereo Deluxe dick befreundet mit der Plattenfirma Bungalow, hat bei deren Sushi-Parties mitgemacht und lädt immer wieder das Berliner DJ-Duo Le Hammond Inferno, die Kitschliebhaber und Easy-Listening-Veteranen alias Holger Beier und Marcus Liesenfeld, zum Auflegen ein.

Die Liebe zum Leichten hört man auch blitzschnell den Futurlounge-Compilations an. Ging es beim ersten Teil mehr um massiv triefenden Downbeat, bemüht sich der zweite Teil eher um die Rehabilitierung von Westbams „Monkey Say, Monkey Do“. Richtig knackig ist das zwar nicht mehr, aber daß das schrullige Herbeiholen von Daktari, Mister Rossi, Pat Thomas und Bert Kaempfert Spaß macht, kann kaum abgestritten werden. Quietschend knitterfreier Japan-Pop, süßlich schwüle Brasilien-Samba-Exotika, den Sinn wegstellen und gebrochen eskapistisch tun, als ob Wirtschaftswunder wär': das ist die kleine, weite Welt der Bezüge und Verbeugungen, in der sich die compilierten Bands der Futurelounge bewegen.

Die charmant klapprigen Elektrotwist, „Deutschlands erste ernstzunehmende TripHop-Band“ Chekov, und vor allem Jay Jay Johnson mit einem Stück, das äußerst authentisch einen auf 007 macht: „So tell the girls that I am back in town“, raunt supercool der sonore Sprecher in sich hinein.

Susanne Messmer

Im Schleusenkrug ab 22 Uhr mit Stereo-Deluxe-DJ-Team Majbour & Deluca, Special Guests: Le Hammond Inferno & DJ Stereo Deluxe

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