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■ Vorvergangene

„Vorvergangene Woche war ich in Mailand.“ Ein schöner, fast lyrischer Satz. Vor zwölf Jahren, am 21. November 1987, berichtete Franca Magnani, die damals frisch gekündigte BR-Korrespondentin, in einem Gespräch mit der taz von ihren Streitereien mit dem Bayerischen Rundfunk.

Es dauerte fast vier Jahre, bis es wieder soweit war: Stefan Gerhard fühlte sich während eines Auftritts des Komikers Philipp Sonntag an das „vorvergangene Jahrzehnt“ erinnert (taz vom 21. 6. 1991). Eine absolute Ausnahme, „vorvergangene“ wird meist in der Verbindung mit Woche gebraucht, selten auch mit Nacht, so wie Mitte Januar letzten Jahres: „Ausdrücklich begrüßenswert und ein Schritt in die richtige Richtung war dagegen die vorvergangene Nacht auf der Zugspitze: minus 10,3 Grad.“ (taz, 16. 1. 1998) Die taz ist sowieso äußerst zurückhaltend. Von 1987 bis heute druckte die tageszeitung „vorvergangene“ gerade 15mal. Schlimm genug.

Weit vorne liegt natürlich der Spiegel. Über 200 „vorvergangene“ im selben Zeitraum. Am 15. Juni 1987 ist etwa auf Seite 233 zu lesen, daß André Heller in der „vorvergangenen Woche“ Wolf Schneider einen Zeitungsschnipsel „stibitzte“. Verliert der Spiegel an Aktualität? 1987 waren nur fünf Hinweise auf vorvergangene Termine im Blatt, 1990 wurde erstmals die 20er Marke übersprungen, 1993 ein Rückfall auf elf Nennungen, dann langsame Erholung, 1997 wieder deutlich über 20 und die Höchstmarke im letzten Jahr: 26 „vorvergangene“.

Auch in diesem Jahr zeichnet sich wieder ein Spitzenwert ab. Besonders prickelnd die aktuelle Nummer: „Vergebens versuchten am vorvergangenen Wochenende die Veranstalter einer Podiumsdiskussion auf dem Kirchentag den Auflauf zu zerstreuen.“

Georg Gruber

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