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Berichtigung

Ist der größte Sparposten im Bundeshaushalt für auswärtige Kulturpolitik nicht unser Bundeskanzler Gerhard Schröder himself? Wir schreiben das jetzt mal bewußt so. Schließlich geht es um einen Sprachenstreit, um den Streit um das Deutsch als EU-Amtsprache.

Was hätte man sich an auswärtiger Kulturarbeit nicht alles sparen können, um zu dem Ergebnis zu kommen, daß sich das Schröder-Team jetzt mit seinem fatalen Boykott des informellen Treffens der EU-Industrieminister in Oulou eingebrockt hat? Da steht er nun, der häßliche Deutsche, in seiner schönsten Blüte.

„Wir wollen nicht, daß der Euro Deutsch spricht“, hat doch Schröder einst gesagt. Wollen wir aber doch! Schließlich steht der Ausbau der Informationsgesellschaft auf der Agenda des Treffens, von dem sich Deutschland und jetzt auch noch das unglückliche Österreich fernhalten. Und dabei geht es gar nicht um Hegemonie, in der Kultur. Um so und so viele Menschen mehr, die innerhalb der EU deutsch sprechen, als man englisch oder französisch parlierende Menschen zählen kann. Daß Masse und Macht Deutsch als obligate Arbeitssprache erzwingt, stets und überall, das scheint nur Leuten so, die gleich lospoltern, statt diesen durchaus bedenkenswerten Fakt diplomatisch hinter den Kulissen zu verhandeln.

Um was es wirklich geht, wäre etwas mehr Sex-Appeal beim deutschen Auftritt in der Welt; kulturelle Attraktivität. Exzellente Hochschulen und Hollywood. Zugegeben, wir sprechen von dem etwas anderen Erfolgsmodell. Dennoch, weder mit dem einen noch gar dem anderen kann Deutschland dienen. Statt dessen bieten wir Deutsche-Welle-TV, Goethe-Institute, staatlich finanzierte Eventkultur. Und schaut man genau hin, dann macht die deutsche Wirtschaft auf dem Feld der Kulturevents auch noch den staatlichen Initiativen Konkurrenz, anstatt für sie einzuspringen. Da ließe sich sicherlich manche subventionierte durch eine gesponsorte Projektförderung ersetzen.

Man sieht, der Feuilletonredakteur – so man die Prämisse des Sparzwangs denn übernehmen will – mutiert schnell zum Sachbearbeiter, der das Einsparpotential in den diversen Einrichtungen, etwa dem Goethe-Institut oder Inter Nationes, analysiert. Aber steht das wirklich unter Aufgaben in seinem Terminkalender?

Man kann ja mal probehalber so weiter argumentieren. Dann fallen freilich die 1,2 Milliarden Mark ins Auge, die der europäische Übersetzer- und Dolmetscherdienst jedes Jahr verschlingt. Sparen? Nicht am Geld – besser an den großen Gesten, die so überflüssig sind. bw

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