piwik no script img

„Das ist hier wie in Hollywood“

■ Nach dem 2:0 der USA über Brasilien kann nur noch WM-Finalgegnerin China den dramaturgischen Höhepunkt verhindern

Palo Alto (taz) – Franz Bekkenbauer saß mit genießerischem Blick in der Loge des mit 73.000 Zuschauern gefüllten Stanford Stadions von Palo Alto. Der Multifunktionär, in Kalifornien als DFB-Botschafter für eine deutsche WM 2006 im Einsatz, genoß Sonne und „phantastische Atmosphäre“ beim 2:0 der USA im WM-Halbfinale gegen Brasilien.

Das Spiel war nicht ganz so phantastisch. Es handelte sich aber um einen hart und verdient herausgearbeiteten Sieg. Auch wenn das 1:0 von Cindy Parlow (5.) durch einen Torfraufehler von Maravilha zustande kam und das 2:0 von Michelle Akers (80./Elfmeter) nach einer Schwalbe von Mia Hamm. Die Favoritin USA war besser organisiert und im Tempospiel und Zweikampfverhalten überlegen, offenbarte aber Probleme, den Ansturm von Brasiliens Individualistinnen um Spielmacherin Sissi (7 Turniertore) in den Griff zu bekommen. US-Torhüterin Briana Scurry mußte einige Male zupacken, um den Ausgleich zu verhindern. „Sie ist die beste Torhüterin des Turniers“, sagte US-Trainer Tony DiCicco begeistert.

Tatsächlich sorgte erst der souverän, fast aus dem Stand verwandelte Strafstoß von Fußballpionierin Michelle Akers zehn Minuten vor Schluß für die Entscheidung. Vorzeigefußballerin Mia Hamm war zwar nicht gefoult worden, aber immerhin entschlossen in den Strafraum aufgebrochen.

Die Begeisterung der Zuschauer für Hamm ist ungebremst, auch wenn Experten auf Tore warten und sich fragen, ob das wirklich ihre WM ist. Es ist ihre WM – basta. Hamm (27) bleibt in all dem Trubel zurückhaltend und strahlt dabei tiefe Freude über die Begeisterung aus, die der Frauenfußball entfacht. „Wohin ich schon überall Autogramme gab, ist unglaublich“, sagt sie. „Das ist hier wie in Hollywood beim Film“, sagt Hamms Sturmpartnerin Tiffeny Milbrett, „du mußt dich präsentieren, dann bist du dabei.“

Finalgegnerin ist am Samstag in Pasadena China. Die Chinesinnen führten Titelverteidigerin Norwegen beim 5:0 in Boston nach allen Regeln vor. Sun Wen (3., 72.), Liu Ailing (14., 51.) und Fan Yunjie (65.) trafen vor 29.000 Zuschauern. Kann China der WM den geplanten Höhepunkt Heimsieg verderben? Auch wenn das die US-Zuschauer nicht interessiert: Kapitänin Sun Wen hat bisher sieben Tore geschossen. Rainer Hennies

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen