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Papua-Neuguineas bedrängter Premierminister macht den Abgang

■ Der Rücktritt führt zur Neuentscheidung über die Anerkennung Taiwans. Taipehs Geld konnte den Premier nicht mehr retten

Berlin (taz) – Der Premierminister von Papua-Neuguinea, Bill Skate (46), hat gestern überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Der Amtsverzicht erfolgte nur zwei Tage, nachdem seine Regierung nach umstrittenen Geheimverhandlungen Taiwan diplomatisch anerkannt hatte und sechs Tage vor einem Mißtrauensvotum im Parlament, das Skate wahrscheinlich politisch nicht überlebt hätte. Skate erklärte, sein Amtsverzicht habe nichts mit der diplomatischen Anerkennung Taiwans zu tun.Vielmehr reagiere er damit auf das angekündigte Mißtrauensvotum. Sein Rücktritt solle die politische Stabilität in dem Land mit 4,5 Millionen Einwohnern wiederherstellen. Seit der Unabhängigkeit des Landes 1975 hielt keine Regierung die volle Amtszeit durch.

Skates Koalitionspartner, die Demokratische Volksbewegung, hatte sich vor zehn Tagen der Opposition angeschlossen. Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren wurden Skate und seine Regierung von Korruptionsvorwürfen begleitet. Auch wurde dem Premier vorgeworfen, die wirtschaftliche Situation des rohstoffreichen Landes verschlechtert zu haben. In den letzten Wochen war der Kurs der Währung, des Kina, drastisch eingebrochen.

Für den bedrängten Skate war die Reise nach Taiwan am vergangenen Wochenende der letzte Rettungsanker. Im Tausch für die diplomatische Anerkennung der international weitgehend isolierten chinesischen Insel verhandelte der Premier über umfangreiche Wirtschaftshilfen. Deren genaues Ausmaß ist bis heute unklar, die Spekulationen reichen von 250 Millionen bis 2,5 Milliarden US-Dollar. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte berichtet, ihr lägen Dokumente vor, wonach Skate von Taipeh 2,35 Milliarden Dollar Kredite verlangt hatte. Taiwan sagte, bei der diplomatischen Anerkennung sei kein Geld im Spiel gewesen.

China und die australische Regierung, Papuas frühere Kolonialmacht, protestierten gegen den Schritt, der Papua-Neuguinea zum 29. Staat machte, der Taiwan anerkennt. Papua-Neuguinea droht seitdem der Abbruch der diplomatischen Beziehungen von Seiten Pekings, da die Regierung der Volksrepublik Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet. Über die Gültigkeit der Anerkennung Taiwans werde jetzt die neue Regierung entscheiden, sagte gestern ein Regierungssprecher. Als aussichtsreichster Nachfolger Skates gilt der Chef der größten Oppositionspartei, Mekere Morauta von der Fortschrittspartei des Volkes. Er behauptete gestern, die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich zu haben und kündigte an, als eine seiner ersten Amtshandlungen die Anerkennung Taiwans zu überprüfen.

Die Anerkennung Taiwans und damit seiner Unabhängigkeit von China ist in Papua-Neuguinea äußerst umstritten. Der frühere Premierminister und Vorgänger Skates, Julius Chan, sprach sich vehement dagegen aus.

Innenpolitisch ist das Thema brisant, weil Papua-Neuguinea selbst von Sezession bedroht ist. Erst vor einem Jahr konnte der Krieg um die Insel Bougainville beendet werden, deren Bewohner sich 1990 für unabhängig erklärt hatten. Über den Verbleib der Insel bei Papua-Neuguinea oder ihre Unabhängigkeit ist bis heute nicht entschieden.

Die Regierung in Taiwan wollte den Rücktritt Skates gestern nicht kommentieren. Die Regierung in Peking sagte, sie beobachte die weiteren Entwicklungen. Sven Hansen

Bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar soll Taiwan die Anerkennung als unabhängiger Staat gekostet haben

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