Hamburg, quengelsicher

Ohne Genörgel durch die Stadt: Der gelungene Familienausflug bringt die Bedürfnisse von Kind und Eltern unter einen Hut  ■ Von Kaija Kutter

„Mama, ist das da ein Schiff?“ fragt der vierjährige Sohn und zeigt auf den spitzwinkligen Neubau auf der Kehrwiederspitze. Erwartungsvoll ist die Kleinfamilie am Baumwall der U-Bahn entstiegen, doch der erste Blick auf den berühmten Hamburger Hafen verwirrt. Dank modernster Architektur sehen Bürohäuser aus wie Schiffe. Und Containerschiffe sehen aus wie große Schuhkartons.

Nichts wie runter ans Ufer zu den kleinen Jachten, den niedlichen Barkassen, den Landungsbrücken mit den marktschreierischen Kartenverkäufern, die wenigstens angezogen sind wie die Kapitäne in den wunderbaren Bilderbüchern von Ali Mitgutsch. Klar ist es verlockend, jetzt in eine der schaukeligen schwarz-orange gestrichenen Barkassen zu steigen und sich bei einer Hafenrundfahrt den echten Hamburger Hafen zeigen zu lassen. Aber ist so ein Ausflug auch quengelsicher? Nein. Runter vom Schiff geht's frühestens nach einer Stunde.

Also lieber die bescheidenere Variante. Mit dem Hadag-Fährschiff Linie 61 (fährt am Wochenende alle 15 Minuten) zwei Stationen bis zum Museumshafen Övelgönne fahren. Der Strand und die steinige Uferböschung bieten Kindern viel Auslauf zum Toben und Klettern. Und auch die Rückfahrt vorbei an Fischmarkt, Blohm & Voss-Schiffsdocks und den ehemals besetzten Häusern der Hafenstraße vermittelt – sofern an Deck genossen, wo man sich den Wind um die Nase wehen lassen kann – einen Hauch von Freiheit und Abenteuer, so daß auch Papa zufrieden in die Ferne schaut. Kindliche und elterliche Bedürfnisse zu vereinen, das ist das Geheimnis eines gelungenen Familienausflugs.

Aber wie soll man dies in einer autofixierten Großstadt wie Hamburg tun, wo der kindliche Bewegungsdrang stark eingeschränkt ist. In den zahlreichen als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Grünflächen ist sogar das Klettern auf Bäume eine illegale Aktion. Der Hafentrip wäre prima ergänzt durch einen Besuch im Altonaer Museum (Museumsstraße 23), wo es neben Schiffsmodellen und historischen Gallionsfiguren auch antikes Spielzeug aus mehreren Jahrhunderten zu bestaunen gibt. Aber Vorsicht, vielleicht haben Sie ihren Kindern schon zuviel zugemutet, und Junior will wieder nur klettern, diesmal auf die historischen Elbkähne, und der Museumswärter findet das überhaupt nicht witzig.

Also doch lieber schnell zur Grün-Oase „Planten un Blomen“, die man von den Landungsbrücken theoretisch zu Fuß, besser noch von der U-Bahn-Station St. Pauli erreichen kann. Vorbei am Museum für Hamburgische Geschichte (die dortige Modelleisenbahn bei Regen angucken) gelangt man hier in die Hamburger Wallanlagen, die neben zwei wunderbaren Spielplätzen auch eine Rollschuhbahn und eine Kindertheaterbühne beherbergen, wo es bis Ende August täglich um 10.30 und um 15 Uhr Gratisaufführungen gibt.

Kinder- und elternfreundlich zu sein, dieses Attribut kann auch der Stadtpark in Hamburgs Norden auf sich vereinen. Nicht nur, daß es auf dem kürzlich erweiterten Spielplatz eine Riesenschaukel für Erwachsene gibt. Im Café am Planschbecken sollte man Kakao und Apfelkuchen mit Sahne bestellen, das hat Stil und tröstet über den Tatbestand, den Nachmittag mal wieder „nur“ auf einen Spielplatz zu verbringen, hinweg. Ebenso der anschließende Besuch im Biergarten des Landhaus Walther, wo Kinder sonntags vormittags die Pauken und Tropeten frühshoppender Jazzmusiker bestaunen können. Und so richtig eltern- und kindgerecht ist natürlich auch das Mieten eines Paddelbots, mit dem man vom Stadtparksee über Hamburgs weitverzweigtes Kanalnetz erstaunlich weit kommen kann (Kinderschwimmweste mitmieten!). Weniger spektakulär, aber wunderschön ist auch die Kanutour vom Bootsverleih an der Rathenau die Alster aufwärts. Liegedecke mitnehmen, denn in Höhe Teetzpark läßt sich gut picknicken, und ein Spielplatz ist auch vorhanden.

Wer vom nassen Element genug hat, der kann vom nahegelegenen Bahnhof Ohlsdorf aus den Shuttle-Bus zum Flughafen nehmen. Der Verzehr einer Salzbrezel reicht schon aus, um Zugang zur Aussichtsplattform vom Bistro „Europa“ zu erlangen. Hier kann man zuschauen, wie die Flieger landen, starten oder direkt bis an die Einstiegsrampen rollen. Kinder lieben das Echte. Und Flugzeuge sehen immer noch weitgehend wie Flugzeuge aus. Da hat sich noch kein Architekt rangewagt.