: Ein Hochhaus mit Ausstrahlung
■ Am Berliner Tor bleibt nur das gering asbestbelastete Polizei-Hochhaus stehen
Der Hamburger Investor Dieter Becken will die Hochhäuser auf dem Gelände des bisherigen Polizeipräsidiums entgegen früherer Ankündigungen nun doch in einem Rutsch hochziehen. Denn „die Nachfrage nach Büroflächen ist gewaltig groß geworden.“ Der Entwurf eines entsprechenden Bebauungsplans für das rund eine halbe Milliarde Mark schwere Vorhaben wird möglicherweise bereits im Herbst öffentlich ausgelegt.
Die Bauten am Berliner Tor sind Teil einer Paketlösung, die dem Hamburger Polizeipräsidium den Umzug nach Alsterdorf ermöglichen soll. Becken baut der Polizei dort einen siebenstöckigen Stern mit zehn Zacken. Im Gegenzug kaufte er das asbestverseuchte bisherige Präsidium am Berliner Tor: eine Reihe niedriger Gebäude samt einem Hochhaus. Becken will lediglich das gering mit Asbest belastete Hochhaus stehen lassen. Das übrige Ensemble soll durch Neubauten und zwei weitere Hochhäuser ersetzt werden. Das jetzige Hochhaus, so der Investor, werde erhalten, „weil wir glauben, das gehört zu Hamburg“. Das Gebäude sei einem Entwurf des berühmten Architekten Le Corbusier nachempfunden worden und werde nach der Sanierung wieder richtig zur Geltung kommen. „Das hat eine unglaubliche Ausstrahlung“, findet Becken.
Um für das alte Polizeipräsidium einen möglichst hohen Preis zu erzielen, willigte die Bürgerschaft 1997 ein, mit der neuen Bebauung mehr als doppelt soviel Bruttogeschoßfläche als bisher zuzulassen: 90.000 statt 40.000 Quadratmeter. Ohne Hochhäuser war das nicht zu machen. Gleichzeitig beschränkte sich die Stadt darauf, lediglich fünf Prozent dieser Flächen für wenig rentable Wohnungen zu reklamieren. Offizielles Ziel des Senats sind 15 Prozent.
Inzwischen zeichnet sich ab, daß ein Teil von Beckens Rechnung aufgeht. Der taz verkündete er stolz, er werde den Fertigstellungstermin für den Polizei-Stern um vier Wochen unterschreiten und außerdem das Budget einhalten. Die Polizei will zum 1. Januar 2000 einziehen.
Auch den geplanten Neubauten am Berliner Tor prophezeit Becken eine rosige Zukunft: „Wir haben die besten Vermietungszeiten seit dem Krieg“, sagt der Bauherr. Im vergangenen Jahr seien 300.000 Quadratmeter Bürofläche vermietet worden – soviel wie in keinem Jahr seit 1945. Er selbst habe alle seine Flächen vermietet, was „seit 22 Jahren nicht mehr“ vorgekommen sei. Becken hat offenbar den Riecher fürs richtige Angebot. Denn anderswo in der Stadt stehen 700.000 Quadratmeter Büros leer.
Bevor die Rechnung des Investors jedoch ganz aufgeht, muß ein Bebauungsplan in seinem Sinne verabschiedet werden. Bei einer öffentlichen Anhörung dazu versprach der Leiter der Stadtplanungsabteilung des Bezirks Mitte besorgten Anwohnern, den Schattenwurf der geplanten Hochhäuser auf benachbarte Wohngebiete noch einmal zu überprüfen.
Die Verkehrsbelastung in der Stift- und der Ferdinand-Beit-Straße werde nicht zunehmen, prognostizierte Peter Illies. Investor Becken argumentiert, die schätzungsweise knapp 4000 Angestellten der künftigen Büros würden im Gegensatz zur Polizei schließlich nur einmal am Tag herkommen und wegfahren. Für den Abriß des jetzigen Präsidiums veranschlagte Illies ein halbes Jahr. Für den Neubau bis zu drei Jahre.
Gernot Knödler
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