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AfB: Auferstanden aus Bürgerschafts-Ruinen ?

■ Die AfB mischt wieder mit: Chef Frensel fordert, Fünf-Prozent-Hürde für Bremen und Bremerhaven abzuschaffen / Einspruch gegen Bürgerschaftswahl

Die AfB meldet sich zurück. Das Gerichtsurteil in NRW zur Fünf-Prozent-Hürde hat die Wählergemeinschaft anscheinend wachgerüttelt: Just an dieser Sperrklausel nämlich ist der SPD-Absplitter bei den Bürgerschaftswahlen im Juni gescheitert. Jetzt läßt die AfB einen Gutachter prüfen, ob die Konsequenz aus dem eigenen schlechten Abschneiden rechtmäßig war. Möglicherweise könnte die NRW-Entscheidung auch für Bremen und Bremerhaven gelten, hoffen die AfBler. Und rechnen sich vor allem selbst Chancen aus, doch noch in die Bremer Stadtbürgerschaft einzuziehen.

„Rein prophylaktisch“, sagt der Vorsitzende der Wählergemeinschaft, Hartmut Frensel, will die AfB Einspruch gegen die Bürgerschaftswahl vom 6. Juni einlegen. Denn die Frist dazu laufe am 23. Juli aus, und die wolle man „nicht verstreichen lassen“. Derzeit arbeitet Rechtsanwalt Rainer Kuhlenkampff noch an dem Gutachten. Sobald das vorliegt, will die AfB endgültig entscheiden, ob sich für die „außerparlamentarische Opposition“ eine Verfassungklage lohnen könne. Schließlich gebe es bundesweit schon 37 Städte ohne diese Sperrklausel – „und die zeigen uns: Das ist Quatsch.“

Würde eine solche Klage Erfolg haben, rechnet Frensel mit Neuwahlen. Ohne Sperrklausel hätte die AfB zwei Abgeordnete in der Stadtbürgerschaft, nämlich Spitzenkandidat Andreas Lowjewski und Ludwig Hettling. Dennoch weist Frensel alle Vorwürfe zurück, die AfB „habe die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreicht, wolle jetzt aber trotzdem rein“.

CDU-Fraktionsführer Jens Eckhoff wertet derartige Vorhaben in der Tat als „letzte Lebenszeichen der AfB“. Für solche „verspäteten Wiederbelebungsversuche“ hat der CDU-Mann nicht viel übrig: „Die AfB soll endlich den Wählerwillen akzeptieren.“ Chancen für eine Wahlanfechtung sieht er nicht: „Die Gründe in NRW sind ganz anders als in Bremen.“ Auch Grünen-Abgeordneter Hermann Kuhn moniert, daß die AfB erst nach der Entscheidung in NRW auf die Sperrklausel aufgesprungen ist: „Vorher hat die AfB dafür keine Hinweise gegeben.“

AfB-Chef Frensel geht es „in erster Linie“ aber um Bremerhaven: Am 26. September wird dort die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Bis dahin möchte die AfB die Fünf-Prozent-Hürde kippen. Da ist man sich mit den Grünen einig: Hermann Kuhn sieht den Versuch der AfB um politische Klärung „mit Sympahtie“. Denn die Grünen, die auf den Klageweg verzichten wollen (wir berichteten) haben einen Antrag für die heutige Bürgerschaftssitzung gestellt, die Sperrklausel für Bremerhaven abzuschaffen. Das wird aber voraussichtlich abgelehnt werden: SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen sehe mit kleinen Parteien in der Stadtverordnetenversammlung die Chance für die SPD auf eine absolute Mehrheit schwinden, so der Grüne Kuhn. CDU-Mann Eckhoff dagegen fürchtet weitere Wahlanfechtungen, wenn eine Woche vor Nominierungsschluß der Parteien die Fünf-Prozent-Hürde gekippt würde.

Die wiedererwachte AfB verbucht derzeit immerhin einen schon erreichten Sieg. Frühere Anträge seien mittlerweile im Koalitionsbeschluß wiederzufinden, so Frensel stolz. Jüngster Erfolg: Die Verkleinerung des Parlaments. Seit Oktober 1998 sammelt die AfB Unterschriften für ein Volksbegehren, um die Abgeordnetenzahl auf 75 zu reduzieren. Nach 19.200 Stimmen können sie jetzt die Aktion einstellen: Die Bekenntnisse zur Parlamentsverkleinerung waren erst in den Wahlprogrammen der anderen Parteien, dann auch im Koalitionsvertrag selbst zu finden.

Die wollten nicht „durch uns gezwungen werden, sondern durch eigene Kraft die Verkleinerung umsetzten“, behauptet Frensel. Allerdings wolle die große Koalition die Zahl nur auf 80 Parlamentarier senken. „Den Mut hatten sie nicht, der AfB ganz zu folgen“, kommentiert Frensel. Sollte der Gesetzgeber aber eine Verzögerungstaktik fahren oder die Verkleinerung doch nicht beschließen, werde weitergesammelt. Bis zum 24. August läuft diese Frist. Gut 30.000 Unterschriften fehlen dann allerdings noch bis zum Volksbegehren. pipe

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