: Flughafen landet vor Gericht
■ Vor dem Oberlandesgericht Brandenburg geht es heute um die Zukunft des geplanten Großflughafens Schönefeld. Unterlegene Investoren sehen Verstoß gegen Kartellrecht
Das Oberlandesgericht Brandenburg behandelt ab heute eine Angelegenheit, die die Zukunft der Region entscheidend bestimmen wird: den geplanten Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI). Die Richter müssen prüfen, ob der Verkauf der bisher bestehenden Flughafen-Holding Berlin Brandenburg (BBF) an das Essener Hochtief-Konsortium rechtlich in Ordnung war. Geklagt hatte die Bonner IVG-Gruppe, die bei der Privatisierung der BBF mitgeboten hatte, aber gegen das Hochtief-Konsortium unterlegen war.
Der erste fast völlig privat finanzierte und betriebene Großflughafen BBI soll in Berlin-Schönefeld entstehen, als geplanter Baubeginn ist 2003 anvisiert. Der reguläre Flugbetrieb soll Ende 2007 aufgenommen werden. Hochtief ist bereit, für die BBF 635 Millionen Mark zu zahlen, und will fast fünf Milliarden Mark in den internationalen Flughafen investieren.
Die unterlegene IVG-Gruppe will nun vor Gericht erwirken, die Entscheidung des Vergabe-Ausschusses des Potsdamer Wirtschaftsministeriums aufzuheben. Der Ausschuß hatte einen schon früher ergangenen Einspruch der IVG-Gruppe gegen das Privatisierungsverfahren abgelehnt.
Die IVG-Gruppe wirft dem Hochtief-Modell für den Großflughafen technische Mängel vor. Außerdem sieht sie das Kartellrecht verletzt. IVG verweist darauf, daß am Hochtief-Konsortium auch die Flughafen Frankfurt/Main AG beteiligt ist, die eine dominante Position im deutschen Luftraum habe. Schließlich wird vor Gericht wohl der Vorwurf eine Rolle spielen, die Flughafentochter PPS, die die Privatisierungen durchgeführt hatte, habe die Beratungsgesellschaft WIB unter Vertrag genommen. Die WIB habe aber Geschäftsbeziehungen mit Hochtief unterhalten – ein nicht erlaubtes Doppelmandat könnte bestanden haben.
Eine Sprecherin von Hochtief widersprach den Vorwürfen. Man habe ein „solides technisches Konzept“ vorgelegt. Alles sei ordnungsgemäß geprüft worden.
Ein Sprecher der PPS betonte, man sehe „guter Dinge“ dem Prozeß entgegen. Die PPS sei sicher, das Privatisierungsverfahren ordnungsgemäß geführt zu haben. Der bündnisgrüne Verkehrsexperte Michael Cramer hält es dagegen nicht für abwegig, daß die IVG-Gruppe vor Gericht recht bekommen werde. Bei Investitionen von acht Milliarden Mark wäre es ein „Wunder“, wenn der politische „Sumpf“ in Berlin nicht zum Zuge gekommen wäre. Eine Gerichtssprecherin sagte, bis zur Entscheidung könnten drei Wochen vergehen. Philipp Gessler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen