Hängen Sie am „h“?    ■ Von Ralf Sotscheck

Falls Sie die Zeitung nicht von hinten lesen, werden Sie gemerkt haben, dass Ihr Lieblingsblatt heute die Rechtschreibreform eingeführt hat. Künftig wird etwa bei drei aufeinanderfolgenden Konsonanten keiner mehr eingespart, auch wenn ein Vokal folgt: Schlusssatz zum Beispiel. Wir nähern uns wallllisischen Verhältnissen. Darüber hinaus werden die Redakteure – Jung und Alt, Groß und Klein – fortan im Guten wie im Bösen die substantivierten Paarformeln großschreiben.

Und erst die Silbentrennregeln. „Trenne nie st, denn es tut ihm weh“, so haben wir von der Pike auf gelernt. Ab sofort wird es gnadenlos auseinander genommen, wenn es vor einem Vokal steht. Gemein. Die beste Nachricht: „ck“ wird nicht mehr in „k-k“ aufgelöst. Ausser bei „Kok-ken“.

Hängen Sie am Joghurt-„h“? Dieser Buchstabe fällt nun öfter weg, und manch blödes Fremdwort, das Ihnen schon immer Schwierigkeiten bereitet hat, wird eingedeutscht. Ab heute können Sie beruhigt Jogurt, Schikoree und Anschovis essen, ohne befürchten zu müssen, dass Sie Ihre Nahrungsmittel gar nicht buchstabieren können. Das gleiche gilt für ausländische Namen: Toni Blär, Robin Kuck, Bill Klinten. Umgekehrt geht es bei Eigennamen aber auch anglisiert: Deep Ken.

Das ist freilich nur die erste Phase. Die taz, das kann man ja von ihr auch erwarten, reformiert die Sprache radikaler als andere Zeitungen. In der zweiten Phase wird das „ph“ zum „f“, das weiche „v“ zu „w“, das harte „v“ zu „f“ und das „t“ beim „tz“ entfällt. Insgesamt werden die Wörter dadurch kürzer, Sie bekommen mehr Zeitung für Ihr Geld.

Dopelkonsonanten werden abgeschaft, aber in der driten Fase werden dafür die „e“ und „h“, die Wokale in die Länge ziehen, durch Dopelwokale ersezt, wii es fiilen fon Iinen durch das Wort „Kafee“ bereits geläufig ist.

Wen Sii sich an diise Neuerungen gewöönt haben, sind Sii bereit für anspruchsfolere Feränderungen. Als nächstes entfält das überflüsige „e“ bei Silbnendungn. Das spricht sowiiso niimand, im Gegnsaz zum verstümeltn „Sp“ und „st“, dii ab diiser Reformfase korekt mit „sch“ geschriibn wern, damit es dii schprachgeschtörtn Hamburger mit iirn schpitzn Schteinen auch endlich lern.

In der fiirtn und leztn Fase köntn dii Wörter fiileicht fon alem übrign Balast befreit wern, nemlich fom ein oder andren Umlaut, man were in der Lage, sich meer an dii Umgangsschprache anzuleen. Jeenfals wern wir dii Reform fole Pule forantreim.

Eine derart faeinfachte Schprache were für dii EU als Hauptschprache beschtimt interesant, der Schprachnschtreit könte fölich neue Dimension aneem: Deutsch von Schwedn bis Griichnland, toler Gedanke. Sii wern seen, das Sii sich in nul Koma Nix an dii neue Schprache gewöönt habn wern, for alem, wen dii andern Europeer ab 2006 genauso schprechn müsn. Schdichtag were dii Fusbalweltmeisterschaft in Deutschland: Form Anfif müsn dii auslendischn Schpiiler ein Schprachtest ablegn, wer durchfelt, wird diskwalifiziirt. Ribeks Tiim hete grose Schangsen, wenigstens dii andern europeischen Manschaftn hinter sich zu lasn. Und wem verdankn es Mateus, Prez, Kaan und Ko. dan? Der taz-Rechtschreibreform.