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Was Schröder nicht schafft

■ Arbeitslosenzahlen bewegen sich wieder gegen den Willen des Kanzlers – nach oben

Nürnberg (AP/dpa/AFP/taz) – Der Durchbruch im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland lässt weiter auf sich warten: Im Juli wurde erneut die Vier-Millionen-Marke überschritten. Zwar waren 107.300 Menschen weniger arbeitslos als ein Jahr zuvor, gegenüber Juni stieg die Zahl jedoch um 89.000. Die Arbeitslosenquote sank binnen Jahresfrist von 10,7 auf 10,3 Prozent. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, führte gestern den Anstieg auf saisonale Gründe zurück. Allerdings habe das Sofortprogramm der Bundesregierung „100.000 Jobs für Junge“ nach Angaben der Anstalt zum Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit beigetragen.

Jagoda erklärte, die Urlaubszeit belastete in dieser Zeit regelmäßig vorübergehend den Arbeitsmarkt. Außerdem endeten betriebliche und schulische Ausbildungen. Die Arbeitslosigkeit im Westen habe sich sogar verhältnismäßig gut gemacht. Von einer konjunkturellen Aufhellung auf dem Arbeitsmarkt wollte Jagoda aber noch nicht sprechen. Er verlangte von allen Beteiligten am Arbeitsmarkt mehr Engagement. „In der Bundesrepublik fehlt der Kick, um die Akteure zusammenzubringen“.

Genau das war eigentlich der Plan von Bundeskanzler Gerhard Schröder: Er wolle das Bündnis für Arbeit vorantreiben. Die Arbeitslosigkeit müsse „sichtbar zurückgedrängt werden“, hatte er im Februar erklärt. Die rot-grüne Regierung werde daran gemessen, wie sehr es ihr gelinge, die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen. Zum 1. Mai nannte er neue Arbeitsplätze das wichtigste innenpolitische Ziel.

Gestern erklärte nun der SPD-Vize-Fraktionschef Ernst Schwanhold, das Ziel der Bundesregierung, die Arbeitslosigkeit auf drei Millionen zu senken, bleibe weiter erreichbar. Der CDU-Politiker Matthias Wissmann warnte, wenn Rot-Grün die „widersprüchliche Wirtschafts-, Finanz-, Steuer-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik nicht ändert, wird es am Arbeitsmarkt zu keinen nennenswerten Erfolgen kommen“. FDP-Mann Rainer Brüderle sagte, „vier Millionen Arbeitslose künden vom Versagen der grün-roten Regierung“.

Ärgerlich über Schröder und seine Pläne für ein Bündnis für Arbeit sind auch Gewerkschafter: Der sachsen-anhaltinische DGB-Chef Jürgen Weißbach, sprach sich in der Bild dafür aus, dass die Gewerkschaften das Bündnis für Arbeit scheitern lassen, wenn der Kanzler keinen anderen Kurs in der Sparpolitik einschlägt. Sachsens DGB-Chef Hanjo Lucassen sagte, notfalls werde auch mit Demonstrationen auf Schröder Druck ausgeübt. „An der Basis kocht es. Sie fühlen sich missbraucht.“

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