: Nie mehr ruhig schlafen
■ Weltkongress für Psychiatrie diskutiert Traumata von Kriegs- und Folteropfern
Für viele geht es nie zu Ende. Da mögen Jahre ins Land gehen, Jahrzehnte. Sie werden nachts wach, und dann ist er wieder da, der grauenhafte Moment, der Schmerz, die Todesangst. Zwei Drittel der Menschen, die einmal gefoltert wurden, sind davon so traumatisiert, dass sie noch Jahre später psychisch darunter leiden. Auf dem Hamburger Weltkongress der Psychiatrie diskutieren Fachleute gestern darüber, wie man Menschen hilft, mit solchen Traumata fertigzuwerden.
Kriegsopfer, Flüchtlinge, Gefolterte, aber auch Leute, die einen Autounfall überleben, die vergewaltigt wurden – ein Trauma kann viele Ursachen haben. Die dänische Medizinerin Inga Genefke untersucht seit 25 Jahren Menschen, die es nicht geschafft haben, das Erlebnis Folter zu verarbeiten. Es sind Menschen aus Chile, Argentinien, Südafrika – und überall entdeckte Genefke dieselben Symptome. Die Menschen finden keinen Schlaf mehr, sie werden von Alpträumen und Panikanfällen geplagt, bei jedem kleinen Anlass schrecken sie zusammen, der Körper steht unter Dauerstress. Als Reaktion machen viele Betroffene dicht und ziehen sich völlig in sich zurück, mit dem Ergebnis, das sich die Krankheit immer weiter durchs Bewusstsein frisst. „Häufig sind die Folgen von Folter noch in der zweiten und dritten Generation der Opfer spürbar“, sagt Genefke. Welches Kind vergisst den Augenblick, mitanzusehen, wie die eigenen Eltern gefoltert werden?
Den Vietnam-Veteranen, den das Hubschrauber-Geräusch aus dem Dschungelkrieg bis in die Träume verfolgt, den Holocaust-Überlebenden, der die Todesrampe in Auschwitz immer noch vor Augen hat – solche Beispiele für tiefsitzende Traumatisierungen nennt Matthias Berger von der Freiburger Universität.
In Freiburg beschäftigt man sich allerdings vor allem mit Unfallgeschädigten. Bei denen ist die Zahl der Leute, die nach diesem Schock wieder ein normales Leben führen, zwar erheblich höher als bei Kriegs- und Folteropfern. Trotzdem warnt Berger davor, die psychischen Folgen eines Autounfalls oder eines Flugzeugunglücks zu unterschätzen. „Wir alle sind von der Gefahr solcher Traumata ständig und täglich bedroht.“ aha
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