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Wiedergeburt nur gegen Bares

■ Vernunftbegabte Menschen ohne Körper: Das „Festival der Geister“ im Tacheles

„No ghosts – just spirits ...“ Gefragt nach den Geistern in seinem Werk, kann der taiwanesische Künstler Huang Chi Yang säuberlich trennen, was auf deutsch hübsch vieldeutig klingt: Geist ist Gespenst, vernunftbegabtes Hirn und Mensch minus Körper. Huang Chi Yang hat eine Reihe nackter Berliner Liebespaare porträtiert, um dann die Silhouetten in lebensgroße Formate zu übertragen und mit dem gleichen floralen Tintenmuster auszufüllen – fast identische Motive, die sich nur durch ein geheimnisvolles Maß an Innigkeit unterscheiden: „... or souls.“

Huang Chi Yang und eine Reihe weiterer bildender und Installationskünstler eröffnen heute abend mit einer Vernissage das „Festival der Geister“ im Kunsthaus Tacheles. Die „KulturNomaden“ Heike Gäßler und Charlotte Breinersdorf haben dazu zahlreiche Choreographen und Performer, bildende Künstler und Musiker aus acht ostasiatischen Ländern eingeladen.

Gerahmt von Vorträgen, Lesungen, einer Filmreihe und Workshops füllen die Produktionen ein sechswöchiges Programm. Ihre konzeptionelle Klammer, das Geisterthema, soll dabei weder den Ethno-Bonus noch esoterische Wellen abfangen, sondern das Publikum einladen, Spiritualität in ihren verschiedenen Spielarten zu erkunden. Denn auch wenn Geister im kulturellen Leben Asiens als Realitäten verankert sind, stehen die Formen künstlerischer Auseinandersetzungen mit ghosts, spirits oder energies in unterschiedlichen biographischen, sozialen und politischen Zusammenhängen. Das überbordende Programmheft versucht die Arbeiten nach klassischen Genres zu sortieren, verfängt sich aber im Benennungsproblem.

Denn all die Tanz-, Ritual- und Visual-Performances, Theaterspektakel und Klanginstallationen, gipfelnd im „multimedialen Gesamtkunstwerk“, zeigen nur, dass die geladenen Projekte sich offenbar ebenso der Kategorisierung entziehen wie die Geister selbst. Zum Auftakt feiern beispielsweise Künstler des Five Arts Center aus Kuala Lumpur mit „The Family“ (Regie: Krishen Jit) ein Geburtstagsfest, zu dem die verstorbene Verwandtschaft erwartet wird. Da die Party sich in Spiel und Gestaltung über das ganze Haus erstreckt, müssen die Zuschauer selbst entscheiden, welchem Erzählstrang sie folgen möchten. Auch der indonesische Bewegungskünstler Suprato Suryodarmo sucht in „The Voice of Ancestors“ den Dialog mit den Toten, allerdings in Gestalt einer Ritualperformance, deren Choreographie traditionelle Körpertechniken aufgreift und zu einer neuen verwebt. Rituale und Feste können den „ethnologischen“ Blick des Westens zwar befremden, aber kaum überraschen.

Irritationen kündigen vor allem jene Projekte an, in denen Ernst und Satire, regionale Tradition und internationale Hightech zusammenfließen. Ist Lap Wing Yips (Hongkong) styroporenes „Reisebüro für Geister“ ein Scherz? Cosmo Cais (Berlin/VR China) neonbeleuchteter Holzsarg Provokation oder zeitgemäße Andacht? Jean Ngs Solotheater „And Budda said: Mop the Floor“ (Singapur) ironisiert Bestechungsversuche im Seelenstadium vor der Wiedergeburt.

Und das Künstlerkollektiv „Spirits Dusting for Dummies“ (Singapur) stellt sich dem Publikum selbst als Medien zur Verfügung, um vor grellen Mini-Schreinen und Instant-Tempeln mit den „großen Geistern“ des Abendlandes zu kommunizieren: Was Sie schon immer von der eigenen Kultur wissen wollten, sich aber nie zu fragen wagten, erzählen Ihnen im Zweifelsfall die anderen.

Eva Behrendt

Vom 12.8. bis 26.9. im Kunsthaus Tacheles, Oranienburger Str. 154–156, Programminfos unter www.tacheles.de/geister

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