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Früchtchen des Zorns

■ Blechen muß die Putze: Udo Kier als Exorzist in „Possessed“

Der Antichrist läßt sich nicht einfach so verbrennen. Nicht einmal in Horrorfilmen. Das erfährt auch die nächtliche Reinemachefrau am Ende von Anders Ronnow-Karlunds Okkult-Thriller Possessed, als die gute Seele samt Spüli und Wischmop nichts ahnend einen Fahrstuhl betritt und dem Unaussprechlichen leichtsinnigerweise den Rücken zukehrt. Was sich zuvor in dem knapp 100-minütigen Angstmacher-Streifen aus Dänemark an Dunklem und Bösem zugetragen hat, spukt als kalkulierter Mix aus Wolfgang Petersens Outbreak und allerlei standardisiertem Movie-Satanismus durchs Hirn.

Der dänische Epidemologe Sören (nah am Nervenzusammenbruch: Ole Lemmeke) glaubt, in einem obskuren Virus den Zusammenhang zwischen zwei geografisch entfernten Todesfällen entdeckt zu haben. Da Obrigkeiten in der Kinowelt erfahrungsgemäß nichts von übereifriger Panikmache halten, muss sich auch der dänische Arzt in Possessed allein und ohne jede Befugnis auf die Suche nach dem endgültigen Beweis für seinen Verdacht machen. Dabei verschlägt es den lonesome scientist zusammen mit seiner studentischen Freundin Rosa (stets mit Skrupeln behaftet: Kristie Eline Tothaug) ins winterliche Rumänien, wo der zweite Tote bereits beigesetzt wurde. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion exhumieren die beiden die tiefgekühlte Leiche, erschlagen rasch noch einen Widersacher und entnehmen die alles klärende Gewebeprobe. Im heimischen Dänemark treibt es derweil noch einen anderen finsteren Gesell durch die Gassen des verregneten Kopenhagen. Es ist der blondierte Udo Kier, der als verdrogt dreinschauender Sektenvorstand Mo-reau weiß, dass es sich bei dem Krankheitserreger nicht bloß um eine todbringende Infektion handelt, sondern um den Geist des Bösen an sich. Das hat dem Okkultis-ten eine besondere Sternenkons-tellation verraten, deren einzelne Eckpunkte miteinander verbunden ein umgedrehtes Pentagramm ergeben – untrügliches Zeichen für die nahende Ankunft des Antichristen. Natürlich glaubt die Polizei auch dort kein Wort von dem übernatürlichen Gesabbel, das Kier von sich gibt, und hält den selbst ernannten Exorzisten für einen geistesgestörten Irren. Bis, ja bis alle eines Besseren belehrt werden und schlussum die arme Putzfrau dafür blechen muss.

Seit dem umwerfend spannenden Nightwatch genießen skandinavische Horror-Thriller einen hohen Vorschuss-Bonus. Was Possessed mit dem nordischen Trendsetter von 1995 eint, sind die unverbraucht wirkenden Schauspieler und ein wunderbares Gespür, eine kalte, unfreundliche Atmosphäre zu schaffen, indem so wenig künstliche Geräusch- und Musikkulisse wie möglich eingesetzt wird. Was Nightwatch besser konnte, war Angst machen, Erschrecken und Überraschen. Und: Die Welt mag auf einen Erlöser warten, aber sein Name ist bestimmt nicht Udo Kier.

Oliver Rohlf

heute, Cinemaxx, 18.15 Uhr

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