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Notnagel für ein Jahr

■  Innensenator Eckart Werthebach hat die Amtszeit des umstrittenen Polizeipräsidenten Saberschinsky um ein Jahr verlängert. Kritik von Polizeigewerkschaft, PDS und Grünen

Der umstrittene Polizeipräsident Hagen Saberschinsky wird ein weiteres Jahr im Amt bleiben. Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat dem 59-Jährigen gestern ein Schreiben überreicht, in dem er Saberschinskys Vertrag aus „besonderen dienstlichen Gründen“ bis zum 31. Oktober 2000 verlängert. Die Sicherheitslage Berlins und insbesondere der Regierungsumzug erforderten eine „personelle Kontinuität“, erklärte er. Saberschinsky hat der Verlängerung bereits zugestimmt.

Ursprünglich sollte er im Oktober mit Erreichen des 60sten Lebensjahres in Pension gehen. Seit der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats im Februar war der Polizeipräsident schwer unter Druck geraten. Eine wochenlange Debatte um den Zeitpunkt seiner Pensionierung hatte Saberschinsky weiter beschädigt. Noch Mitte Juni hatte er verkündet, er stehe nur für eine fünfjährige Verlängerung zur Verfügung. Auch die SPD hatte im Juni die von Werthebach vorgeschlagene einjährige Amtsverlängerung des Polizeichefs abgelehnt. Eine Einigung konnten die Koalitionspartner im laufenden Wahlkampf nicht erzielen. Die SPD und der Senat waren über Werthebachs Entscheidung aber vorab informiert.

SPD-Fraktionschef Klaus Böger äußerte sich gestern reserviert: Für die Verlängerung der Amtszeit des Polizeipräsidenten sei eine Zustimmung der SPD nicht erforderlich. Die Verlängerung falle in die Zuständigkeit des Senators, er trage auch die Verantwortung dafür. Böger sprach von einer „zeitlich bedingten Notmaßnahme“.

Böger sieht „dringenden Bedarf“, die Führungsstruktur der Polizei zu reorganisieren. Der Untersuchungsausschuß zu den Vorfällen im israelischen Konsulat habe „erhebliche strukturelle Kommunikationsprobleme“ in der Polizeileitung und zwischen Polizeispitze und Innenverwaltung festgestellt. Erkenntnisse über die Gefährdung des Konsulats seien unzureichend „verarbeitet“ worden.

Die seit langem vakante Stelle des Vize-Polizeipräsidenten wird erneut ausgeschrieben. Dies deutet darauf hin, dass Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert, der sich bereits bei einer ersten Ausschreibung beworben hatte, kaum Chancen hat.

Die Amtszeitverlängerung des Polizeipräsidenten stieß gestern jedoch auch auf ausgesprochen negative Reaktionen. Das Führungsproblem der Berliner Polizei sei mit dieser Entscheidung nicht gelöst, erklärte Eberhard Schönberg, der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP. Die Sicherheitslage Berlins sei durch eine hohe Kriminalität, den Regierungsumzug und Überstunden der Polizei gekennzeichnet. „Viele Probleme warten auf ihre Lösung. Die Entscheidung ist dabei wenig hilfreich.“

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Norbert Schellberg, sprach von einer „Verlegenheitslösung“. Saberschinsky habe versagt. Für die Grünen sei es untragbar, diese wichtige Position mit einem Kandidaten auf Abruf zu besetzen. Der PDS-Abgeordnete Gernot Klemm bezeichnete die Entscheidung Werthebachs als „Notlösung“. Er warf dem Innensenator vor, sich nicht ernsthaft um einen Nachfolger gekümmert zu haben. Werthebach erklärte indes: „Der Polizeipräsident genießt meine uneingeschränkte persönliche und fachliche Wertschätzung.“ Dorothee Winden

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