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Die USA schlittern langsam in einen Krieg

Die Militärpräsenz der USA am Panamakanal geht zu Ende. Doch in Kolumbien könnten die US-Streitkräfte ein neues Betätigungsfeld finden: im Kampf gegen die „Narco-Guerilla“  ■   Aus San Salvador Toni Keppeler

„Die USA hätten den Luftwaffenstützpunkt Howard nie aufgeben dürfen“, jammert Benjamin Gilman, der Vorsitzende des Ausschusses für Internationale Beziehungen im amerikanischen Repräsentantenhaus. Panama, sagt er, sei „der kritische Flaschenhals in einer Region, die alles Kokain und drei Viertel allen Heroins produziert, das in den Vereinigten Staaten konsumiert wird“. Der republikanische Abgeordnete Dan Rohrbacher sieht gar schon „die chinesische und die russische Mafia, den Narco-Terrorismus und Kuba“ am Werk. Und das nur, weil eine in Hongkong ansässige Firma in den beiden Hafenstädten Balboa und Cristobal an den beiden Enden des Panamakanals in der vergangenen Zeit besonders kräftig investiert hat.

Doch trotz aller Klagen: Am 31. Dezember ist es nach 96 Jahren endgültig vorbei mit der starken Präsenz von US-Militärs in der Kanalzone. Diese war in manchen Krisenzeiten auf bis zu 65.000 Mann angewachsen. Den Rückzug aus der Kanalzone hatten die Präsidenten Jimmy Carter und Omar Torrijos 1977 vereinbart. So wird es auch gemacht, sagt Panamas heutiger Präsident Ernesto Balladares. Er hatte sich von den USA nicht einmal die Einrichtung eines internationalen Antidrogen-Zentrums in Howard abhandeln lassen. Das hätte nämlich bedeutet, dass rund 3.000 US-Soldaten auf unbestimmte Zeit in Panama bleiben würden.

Der Stützpunkt Howard ist in der Tat ein Verlust. Die dort stationierten Maschinen absolvierten 15.000 Aufklärungsflüge im Jahr. Die Radarschirme hatten den gesamten Luftraum Lateinamerikas im Blick. Und trotzdem ist das Jammern übertrieben. Die USA haben längst Ersatz geschaffen. Eine Radarstation in Puerto Rico soll im Dezember voll einsatzfähig sein. Dazu kommen Basen auf den Karibikinseln Aruba und Curaçao und noch eine im ecuadorianischen Manta.

Wie viele Stützpunkte sonst noch im Dschungel versteckt liegen, ist unbekannt. Peruanische Zeitungen berichteten in der vergangenen Woche, dass Elite-Soldaten aus den USA von den Basen Iquitos in Peru und Coca in Ecuador gemeinsam mit einheimischen Einheiten die Grenzen zu Kolumbien sichern würden, um das Eindringen von Guerilla-Einheiten und Drogenschmugglern zu verhindern. In Coca sollen zudem brasilianische und kolumbianische Militärs im harten Dschungelkampf ausgebildet werden.

In Kolumbien geben sich schon seit Wochen hohe US-amerikanische Militärs und Abgesandte des Außenministeriums die Klinke in die Hand. US-Präsident Bill Clinton hat schon vor einem Monat die stockenden Friedensverhandlungen zwischen Präsident Andres Pastrana und der Guerilla der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc) zu einer Gefahr für die Interessen der USA erklärt. Sein Drogenbeauftragter Barry McCaffrey nennt die Aufständischen nur noch „Narco-Guerillas“, weil diese sich zu einem guten Teil aus Schutzgeldern finanzierten, die von Koka-Produzenten in ihrem Einflussbereich eingetrieben würden.

Obwohl man das schon seit Jahren weiß, wird es erst jetzt zum Problem aufgebauscht. General Charles Wilhelm, Chef des Südkommandos der US-Armee, diagnostiziert neuerdings eine „Balkanisierung Kolumbiens“, die „eine Bedrohung für die ganze Region“ darstelle. Die Farc wollten sich nach Brasilien, Ecuador, Panama, Peru und Venezuela ausbreiten und damit praktisch den lateinamerikanischen Kontinent in eine Krisen- und Unruhezone verwandeln.

Um dies zu unterbinden, ist Kolumbien innerhalb eines Jahres von ganz hinten auf den dritten Platz in der Liste der Militärhilfe-Empfänger der USA aufgerückt, nach den Nahoststaaten Israel und Ägypten. Fast 300 Millionen Dollar sollen in diesem Jahr fließen. Und es kommt nicht nur Geld, es kommen auch Berater. Wie viele genau es sind, weiß niemand. Kolumbiens Armeechef Fernando Tapias spricht von „einem runden Dutzend“. Die New York Times schrieb kürzlich von 100 bis 150, die britische Nachrichtenagentur Reuters gar von 300 Militärberatern aus dem Norden.

Solche Berater bilden derzeit im Stützpunkt Tolemaida, rund hundert Kilometer nordöstlich von Bogota, eine tausend Mann starke angebliche Antidrogen-Einheit aus. Die soll im Dezember nach Tres Esquinas verlegt werden, rund 800 Kilometer weiter im Süden und mitten in einem Dschungelgebiet, das von der Farc kontrolliert wird.

Die Guerilla könne nur aufgehalten werden, „wenn man ihre Finanzquelle angreift“, sagt Tapias. Und General Wilhelm ergänzte bei einem kürzlichen Besuch in Kolumbien: „Die Guerilla hat politische Pläne, die Drogenhändler sind nur an der Rendite interessiert. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Aber die beiden haben ihre Firmen auf eine sehr ungewöhnliche Art miteinander verbunden, und das ist eine Herausforderung für Kolumbien, für die Vereinigten Staaten und für die ganze Hemisphäre.“

Von der Antidrogen-Politik zur klassischen Aufstandsbekämpfung ist es nur noch ein kleiner Schritt. Carlos Salinas, Lateinamerika-Beauftragter im Büro von amnesty international in Washington, sieht schon jetzt „ein deutliches Signal für eine wachsende Verwicklung der Vereinigten Staaten in einen sehr schmutzigen Krieg.“

Fast 300 Millionen Dollar sollen in diesem Jahr fließen. Und es kommt nicht nur Geld, es kommen auch Berater, immer mehr

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