■ Surfbrett: Die Suche nach einer neuen Utopie
Nils Boenig möchte unter www.c-base.org/km21 nun auch online beweisen, was er als Mitarbeiter dieser Zeitung schon immer behauptet hat, nämlich, dass Diskussionen und kontroverse Debattenbeiträge auch im Web viel wichtiger sind als die mehr oder weniger professionell aufbereiteten Nachrichten und Werbesendungen von Medienunternehmen. Recht hat er. Unter dem etwas rätselhaften Namen „km 21.0“ hat Boenig inzwischen eine stattliche Anzahl längerer Debattenbeiträge zu politischen Grundsatzfragen der letzten Zeit zusammengetragen. Viele stammen von ihm selbst, und einige haben tatsächlich einen Diskussionsstrang ausgelöst. Vor allem der Kosovokrieg hat dafür gesorgt. Zu den sonst in Netzforen zu diesem Thema überwiegenden Verbalschlachten kam es hier aber glücklicherweise nicht. Boenig ist heute Redakteur der Hamburger Woche. Offenbar fühlt er sich dort etwas verloren: Seine Website beginnt mit einem riesigen Bild, das einen einsamen Wanderer in der Wüste zeigt. Möglicherweise ist das Bild aber auch ein Hinweis auf das enorme Gewicht der Grundfragen, die hier in den weiten, ein bisschen leeren Raum gestellt werden. Sie lauten: „1. Entwurf einer post-kapitalistischen, zukunftsfähigen Gesellschaft . 2. Suche nach dem einen Traum, den alle Menschen auf dem Globus teilen. 3. Wiedergewinnung des gesamten menschlichen Lebens als Grundlage unserer Erkenntnis.“ Um unserer Vorstellungskraft ein wenig auf die Sprünge zu helfen, zitiert Boeing drei Texte, die er alle als Beiträge zur einer neuen Utopiediskussion versteht. Der erste ist ein klassischer Absatz von Thomas Morus über den Reichtum der Utopier von 1516, die nur sechs Stunden arbeiten mussten, die zwei anderen klingen allerdings eher nach Katzenjammer aus der Berliner Szene. Paßt schlecht zusammen, aber vielleicht klärt sich das Rätsel im Menüpunkte, „understanding capitalism“, der zwar angekündigt, aber noch nicht mit Inhalt gefüllt ist. niklaus@taz.de
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