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Flughafenausschreibung: Zurück auf Los

■  In Senatskreisen hält man eine komplette Neuausschreibung bei der Privatisierung der Flughafenholding für unvermeidlich. Auch Bundesverkehrsminister Franz Müntefering schließt ein neues Verfahren nicht mehr aus

Eine komplette Neuausschreibung des Privatisierungsverfahrens der Berlin Brandenburg Flughafenholding (BBF) ist so gut wie beschlossene Sache. „Es wird darauf hinauslaufen, das Verfahren zu wiederholen“, verlautete gestern aus Senatskreisen gegenüber der taz. Bereits zuvor wollte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) eine Neuausschreibung offiziell nicht mehr ausschließen.

Inoffiziell wird bereits Tacheles geredet: „Das Verfahren ist so verfahren“, hieß es gestern, dass viele angesichts des Wahlkampfes zur Ansicht neigten: „Lasst es uns beenden.“ Ohne eine Neuausschreibung drohten nämlich jeden Tag neue Fallstricke. Was die Politik nur noch hindere, sei die Furcht vor Schadenersatzklagen der dann womöglich ausgebooteten jetzigen Bieter.

Zudem seien die beiden Privatisierungsbewerber, das Konsortium um Hochtief sowie die Investorengruppe IVG, „wie Kampfhähne“ so ineinander verbissen, dass ein juristisch sauberes Fortschreiten im jetzigen Privatisierungsverfahren sehr viel Zeit kosten würde.

Auch Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (SPD) verwies gestern darauf, dass eine Neuausschreibung des Milliardenprojekts eine mögliche Folge der derzeit laufenden Überprüfungen sein könnte. Das brandenburgische Oberlandesgericht hatte kürzlich die Auftragsvergabe zugunsten von Hochtief als rechtswidrig erkannt. Um Zeit zu sparen, hatten daraufhin die Flughafen-Gesellschafter, der Bund, Berlin und Brandenburg, die Projektplanungsgesellschaft PPS beauftragt, noch in diesem Jahr den Planfeststellungsantrag einzureichen.

Das Hochtief-Konsortium war darüber hinaus in den Verdacht der Industriespionage geraten, da bei ihm interne Unterlagen des Konkurrenten IVG gefunden wurden. Dagegen betonte Hochtief, beide Konsortien hätten in einem Nachprüfungsverfahren Kopien von den jeweiligen Angeboten machen dürfen. Die Staatsanwaltschaft werde keine Ermittlungen gegen Hochtief aufnehmen, so der Konzern.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger sagte gestern, er erwarte vom Senat bis Anfang September Klarheit über den Fortgang des Verfahrens. Sonst werde seine Fraktion eine komplette Neuausschreibung oder eine endgültige Entscheidung zwischen Hochtief und IVG verlangen. Seine bündnisgrüne Kollegin Renate Künast forderte schon jetzt eine Neuausschreibung des Verfahrens. Zudem müssten die Vorgänge um die Vergabe gegenüber dem Parlament in der Sitzung am 9. September „schonungslos offen gelegt werden“. Schon am Freitag dieser, wahrscheinlich aber eher am Dienstag kommender Woche, so Senatskreise, könne es deshalb heißen: „Zurück auf Los.“

Philipp Gessler

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