piwik no script img

Kitas: Anreize zur Sparsamkeit fehlen

■ Wirtschaftsprüfer stellen Organisation der Kinder-Betreuung in Kitas miserables Zeugnis aus / Reformidee: Kitas sollen die Verantwortung für Kosten übernehmen

Für die bremische öffentliche Verwaltung wird seit Jahren über Modernisierung und Kostenkontrolle geredet, das scheint aber nicht überall angekommen zu sein. Für eine siebenstellige Summe haben Finanz- und Sozialsenatorin vor einem Jahre die Wirtschaftsprüfer von der Düsserdorfer Wibera beauftragt, die Kindertagesstätten einmal unter die Lupe zu nehmen. Seit einigen Wochen liegt das Gutachten vor, und die zuständige Sozialbehörde brütet darüber, wie sie die vertraulichen Ergebnisse der Öffentlichkeit erklären soll.

Denn die sind teilweise geradezu grotesk. Wenn zum Beispiel die Leiterin einer Kita einen Handwerker wegen einer „Kleinstreparatur“ beauftragen will, wurde den Gutachtern berichtet, dann muss sie das dem Amt für Soziale Dienste (AfSD) melden. Die Ausführung der Reparatur erfolge meist „nicht zeitnah“, auf deutsch: es dauert. Warum? „In den Einrichtungen entsteht der Eindruck, dass niemand sich im AfSD für die Beauftragung wirklich zuständig fühlt“, steht in dem Gutachten. Und was es kostet, ist dann auch egal, die Kita-Leiterin muss die Rechnung ja nicht bezahlen.

Auf die Frage, wie oft die Außenflächen der Kitas von der beauftragten Firma Stadtgrün gepflegt werden und was das kostet, konnten die Kitas auch keine Auskunft geben – es sei „keine Regelmäßigkeit zu erkennen“, notierten die Gutachter, und außerdem kostet es die Kitas ja auch nichts.

Und so weiter. Energieverbrauch? „Anreize zum sparsamen Umgang mit Energie“ fehlen. Was man bei solchen kleinen Punkten eher als schlechte Organisition bezeichnen würde, wächst sich bei den größeren Posten zur organisierten Verantwortungslosigkeit aus: Ein nicht unerheblicher Teil der Beiträge wird von der Behörde einfach nicht eingefordert, stellten die Gutachter fest. Wieviel die Verwaltung der Kitas kostet (und wie effektiv die Verwaltung ist), konnten die Gutachter trotz einjähriger Arbeit schlicht nicht ermitteln. Die Angaben schwankten zwischen 235 Mark pro Kind und stolzen 1062 Mark bei einer der untersuchten Kitas. Wie teuer ist die Versorgung der Kinder mit Essen? Wie teuer ist die Reinigung? Die Kosten schwanken erheblich, aber bisher ist das auch egal, es muss die verantwortlichen LeiterInnen einer Kita ja nicht interessieren.

So mussten Gutachter aus Düsseldorf anreisen, um in Bremen den Vorschlag zu unterbreiten, dass an die Stelle der derzeitigen „Einbindung in bürokratische Verfahrensregelungen“ eine Organisationsstruktur treten sollte, die durch „Anreize zu wirtschaftlichem Handeln und Denken“ gekennzeichnet ist.

Am Anfang des wirtschaftlichen Denkens steht bei Jugendlichen das eigene Konto – die Kita-Leiterinnen dürfen bisher keines haben. Die Gutachter begründen in mehreren Spiegelstrichen, warum es für alle gut sein müsste, wenn die Kitas auf einem eigenen Konto über kleinere Beträge selbst verfügen könnten. Die Idee des eigenen Kontos ist dann auch die Kernidee der Reform, die die Gutachter vorschlagen: Die Kitas sollten eine feste Summe für jedes betreute Kind auf ihr Konto bekommen und damit verantwortlich wirtschaften. Insgesamt ließen sich in allen Bereichen erhebliche Summen sparen, gleichzeitig erhielten die einzelnen Kitas große Gestaltungsspielräume, um ihr Angebot attraktiver und besser zu organisieren. Der Sozialbehörder bliebe das Controlling der vorher festzulegenden Standards.

K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen