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Die Türkei bittet die Nato um Hilfe

■ Regierungschef räumt bei Rettungsmaßnahmen Pannen ein. Mainz setzt Abschiebungen aus

Istanbul/Berlin (taz/AP/AFP) – Die Hoffnung auf Rettung der noch etwa 30.000 in der Türkei verschütteten Erdbebenopfer sinkt rapide. Bei Temperaturen zwischen 35 und 40 Grad sind die Chancen, unter den Trümmern zu überleben, gering. Gestern Abend lagen die offiziellen Angaben über die Zahl der geborgenen Leichen bei über 6.800. Über der am schwersten betroffenen Industriestadt Izmit lag Verwesungsgeruch. Es herrschte akute Seuchengefahr.

Ministerpräsident Bülent Ecevit gestand erstmals Probleme bei der Koordination der Rettungseinsätze ein. „Lebensmittel und Unterkünfte für die Obdachlosen reichen nicht aus“, sagte er vor Journalisten in Ankara. Schwierigkeiten gebe es auch bei der medizinischen Versorgung. Die Bevölkerung von Izmit überzeugte das nicht. Als der Regierungschef durch die westtürkische Stadt fuhr, schallten ihm Beschimpfungen entgegen. Die einzige positive Nachricht: Nach stundenlangem Kampf gelang es Feuerwehrleuten, den Brand in der Ölraffinerie der Stadt einzudämmen. Das Feuer könne in den nächsten Stunden ganz gelöscht werden, berichtete am späten Nachmittag die halbamtliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Bei der Nato in Brüssel ging ein Hilfsgesuch aus Ankara ein. Darin bat das Mitgliedsland um die Entsendung von Hilfsmannschaften, Feldlazaretten, elektrischen Generatoren sowie Ausrüstung und Personal zur Bekämpfung petrochemischer Katastrophen. Das euro-atlantische Koordinationszentrum der Nato regelt nun die Hilfsangebote der 19 Mitglieds- und 25 Partnerstaaten der Allianz. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Hans-Peter von Kirchbach, bot dem türkischen Militär die Hilfe der deutschen Truppe an. Die Bundesregierung stockte die Finanzhilfe für die Türkei auf drei Millionen Mark auf.

Die deutsche Johanniterunfallhilfe schickte gestern weitere Hilfsgüter in das Katastrophengebiet: elf Großzelte, 300 Decken und 150 faltbare Wasserkanister. Der Malteser Hilfsdienst will heute 1.000 Feldbetten in die Türkei transportieren. Vor Ort gelang es gestern einer Rettungsstaffel des Deutschen Roten Kreuzes in der Stadt Yalova, in der Nähe von Izmit, 18 Verschüttete lebend zu bergen. Retter der Bayerischen Bergwacht konnten mit Hilfe von Spürhunden zwölf Menschen retten. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes stieg die Zahl der bei dem Erdbeben in der Nacht zu Dienstag getöteten Deutschen auf vier, unter ihnen seien auch zwei Urlauber aus Baden-Württemberg.

Rheinland-Pfalz setzte wegen des Erdbebens die Abschiebung von Türken in ihre Heimat bis zum 25. August aus. Die Lage in dem Land sei wegen der Katastrophenfolgen zu gespannt, hieß es aus dem Innenministerium in Mainz. Noch am Dienstagabend hatten die dortigen Behörden eine kurdische Familie mit zwei Kindern nach Istanbul ausgeflogen, als sei dort nichts geschehen. taud

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