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■ Der Barbier des Tages: Der Kugelstoßer, der zum Inspirator wurdeC.J. Hunter (der schon wieder)

Langsam wird es unheimlich mit C.J. Erst schnappt er dem deutschen Kugelmops Sven-Oliver Buder eine Goldmedaille weg, welche diesem praktisch schon am Hals baumelt, dann motiviert er seine Ehefrau Marion Jones derart gewaltig, dass sie sogar Bronze im Weitspringen gewinnt, obwohl sie das doch eigentlich gar nicht kann, und schließlich beendet Anthony Washington die Hegemonie der deutschen Diskuswerfer. Und wer ist Schuld? C.J.! Seit der Highschool kenne er C.J. Hunter, erzählt der 33-Jährige Washington, und er sei völlig von den Socken gewesen, als sein alter Kumpel mit dem letzten Kugelstoß plötzlich Weltmeister wurde. „Wenn der das kann, warum ich nicht auch“, habe er sich gesagt. Und prompt legte er Küsst den Diskus statt C.J.: Anthony Washington Foto: AP

am Dienstag im letzten Durchgang einen Wurf hin, der den führenden Deutschen Jürgen Schult und Lars Riedel den Abend verdarb.

Ausgerechnet Washington, ein „Supertyp“ (Schult), der noch nie was gewonnen hatte – wie sollte er auch, gewannen seit 1983 außer dem Litauer Ubartas 1992 in Barcelona doch nur Deutsche. Washington wusste lange gar nicht, dass in dieser Disziplin „früher wir die Besten waren“, mit dem viermaligen Olympiasieger Al Oerter zum Beispiel und Mac Wilkins, der 1976 Gold holte. „Da war ich gerade zehn“, sagt Washington.

„Dafür gibt es nur ein Wort: Shit“, kommentierte Schult den Wettkampfverlauf. Statt seinen noch dem DDR-Sportsystem entsprungenen Goldmedaillen von der WM 1987 und Olympia 1988 ein weiteres spätes Exemplar hinzuzufügen, durfte der 39-Jährige bloß seine Sammlung minderer Metallplaketten mit etwas Silber erweitern. Und wer war Schuld am Unglück? Ein schwergewichtiger Midas aus North Carolina, der sich binnen weniger Tage zum Großinspirator der US-Leichthathleten entwickelt hat. „Er bekommt nicht die Anerkennung, die er verdient“, sagt Marion Jones über ihren Gatten. Zeit, dies nachzuholen: Man sollte die WM von Sevilla in C.J. Hunter-Games umbenennen. Matti

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