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Diesmal: Keine Spielchen

Zum Abschluß der WM liefern sich Wilson Kipketer und Hezekiel Sepeng ein packendes 800-Meter-Rennen – und versprechen Zugabe für Olympia  ■   Aus Sevilla Matti Lieske

Wilson Kipketer hat es nicht leicht. Erst der ganze Ärger mit dem Dänentum, dann Anfang 1998 eine schwere Malaria-Erkrankung, und nun rennt auch noch jemand so schnell wie er – selbst wenn der 29-Jährige in Bestform ist. Bei den Olympischen Spielen in Atlanta, wo Kipketer nicht starten durfte, weil der Verband seines Heimatlandes Kenia die Teilnahme des Neu-Dänen hintertrieb, war der damalige Favorit Hezekiel Sepeng aus Südafrika noch an mangelhafter Taktik gescheitert. Er gewann nur Silber hinter dem Norweger Vebjørn Rodal, immerhin die erste Olympiamedaille für einen schwarzen Südafrikaner. Diesmal ließ sich Sepeng auf keine Spielchen ein. „Ich bin genau so gelaufen, wie ich es geplant hatte“, sagte er später, und das hieß: einfach rennen, als sei nicht nur der Teufel, sondern auch Kipketer hinter ihm her. Doch wieder reichte es nur zu Silber.

„In Atlanta war ich zu zögerlich“, erzählte der 25-Jährige. „ich wusste nicht, ob ich 1,42 Minuten laufen kann, hatte Angst und war am Ende zwar frisch, aber zu weit hinten.“ Inzwischen ist er absolute Spitzenzeiten gelaufen und ging mit großem Selbstbewusstsein in das WM-Rennen. Nachdem der Algerier Djabir Said-Guerni die ersten 400 Metern in flotten 50,11 Sekunden angegangen war, setzte sich Sepeng entschieden an die Spitze, und auf der Zielgeraden ähnelte der 800-Meter-Lauf dann einem 100-Meter-Sprint. „Ich blickte auf die Leinwand und war sicher, dass ich gewinne“, erzählte Sepeng später, „plötzlich sah ich Spikes vor mir und dachte, huch, was ist das.“ Brust an Brust rasten Sepeng und Kipketer durchs Ziel, das Gold sicherte sich der dänische Kenianer, indem er sich ins Ziel warf wie Colin Jackson bei den 110-Meter-Hürden. „Das war der beste Hechtsprung, den ich je von Wilson gesehen habe“, lobte Sepeng. Kipketer erklärte, er wäre sicher gewesen, den Südafrikaner noch einzuholen, er habe leider nur nicht gewusst, ob vor oder hinter der Ziellinie.

Von Taktik jedenfalls konnte bei diesem Lauf, dessen Sieger stolze 1:43,30 Sekunden lief, nicht die Rede sein, und ein Opfer des rasanten Tempos war Nils Schumann. Der Europameister von Budapest nahm den Platz ein, der im letzten Jahr bei der EM noch dem malariageschwächten Kipketer zugefallen war: den letzten. „Ich konnte einfach nicht schnell genug laufen, um zu attackieren“, sagte Schumann kleinlaut und konstatierte: „Ich bin noch weit weg.“ Er verabschiedete sich jedoch nicht aus der Spitze, ohne Kipketer ein wenig zu ärgern. „In der ersten Runde gab es viel Geschubse, das hat mich aus dem Rhythmus gebracht“, schimpfte der Weltmeister von 1995 und 1997, Adressat seiner Vorwürfe war in erster Linie der für seinen robusten Laufstil berüchtigte Deutsche, der ihn bereits in Budapest recht rüde aus dem Weg geräumt hatte.

Diesmal aber hatte Kipketer die nötige Kraft, um sich aus der Gefahrenzone zu verabschieden, auch wenn er die Nachwirkungen der Malaria noch nicht völlig überstanden hat. „Ich muss darauf achten, die nötige Balance im Training zu finden“, berichtete er.

Die Einbürgerungsprobleme sind indessen überwunden und dem Start bei den Olympischen Spielen in Sydney im nächsten Jahr steht nichts mehr im Wege. Dort dürfte es ein ähnlich packendes Rennen geben wie in Sevilla. Kipketer und Sepeng wollen sich für ihr entgangenes Gold von Atlanta schadlos halten, und der drittplazierte 21-jährige Said-Guerni, ein glühender Verehrer von Kipketer, will sein Idol ebenso vom Sockel schubsen wie Schumann, wenn auch vielleicht in einem anderen Sinn.

Zunächst stehen jedoch noch drei Meetings auf dem Programm. Die 800-Meter-Läufer können sich die divenhafte Attitüde der besten Sprinter kaum leisten, und so steht ihre Teilnahme am Freitag in Brüssel ebenso fest wie die beim Istaf in Berlin am Dienstag nächster Woche. Ob Wilson Kipketer dann allerdings noch einmal einen solch bildschönen Zielhecht hinlegen kann wie in Sevilla, ist fraglich. Brüssel, das sei weit weg, sagte er am Sonntagabend, jetzt werde er erst mal los gehen, um ein wenig – „vielleicht auch ein bisschen mehr“ – mit seinen Leuten zu feiern. Gemeint war, selbstredend, die dänische Mannschaft.

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