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Die Stadt als Salzstreuer

■ Grünstichige Videowelt, Verweigerung in Konzeptkästchen und viele Fudschijamas: Drei Berliner Galerien widmen sich zur Zeit der deutsch-japanischen Kunstvermittlung

Der gemeinsame Nenner ist kaum größer als ein Bonsai-Baum. Unter dem Motto „Japan in Deutschland: Junge Kunst aus Tokyo und ihre Peripherie“ öffneten gleich drei Galerien in Berlin-Mitte, die sich mit ihren Ausstellungen um die Vernetzung zwischen aktueller deutscher und japanischer Kunst bemühen. Dabei geht es natürlich auch darum, die Arbeiten in einen internationalen Kontext zu stellen.

Die einzige Deutsche im Kreis der japanischen Kollegen ist Susanne Lorenz, die mit einem DAAD-Stipendium auf Japanreise ging. Mit „... nach Japan“ thematisiert sie ihre Reiseerfahrungen in Anlehnung an asiatische Gartenkunst auf einem Hofgrundstück, das von der Galerie Asian Fine Arts abgeht: Aus heimatlicher Erde formt sie den Berg Fudschijama in Miniatur gleich 29-mal nach. Aber nicht nur die Form verleiht dem Wunschbild Landschaft mehr Nachdruck: Der Samen des darüber gestreuten Zierrasens war zur Vernissage schon so weit aufgegangen, dass die Häuflein schon fast naturbewachsen wirkten.

Auch Naofumi Maruyama thematisiert in seinen Acrylgemälden das Verhältnis der Menschen zu ihrer Umgebung. Winzig kleine Skifahrer tummeln sich im Schnee endlos weiter Berge. Was den fernen Figuren anzumerken ist, kann als die metaphysische Größe bezeichnet werden, die sie bekommen, wenn Maruyama sie in ein Tafelbild zu bannen versucht. Vor allem aber hinterlassen die Skifahrer Spuren auf der Piste, die der Maler mit Leidenschaft per Pinselstrich in seinen Arbeiten notiert. Dem Außenstehenden wird klar: Der Künstler möchte mit dem Treiben auch die Zeit dressieren.

Kosuke Nishimoto hingegen zieht sich ins Private zurück, nachdem er vorher mit der Videokamera dem Stadtleben auf der Spur war. Obwohl sich die Aufzeichnungen per technische Tricks mal ins Grüne oder Rote verfärben, spiegeln die ausgestellten Werke eine ebenso authentische wie irreale Welt wider. Dabei scheint das Durcheinander im privaten Leben des Künstlers nicht anders als bei dem komplexeren System einer Stadt durch: Abwaschschwämme und Geschirr gesellen sich in „kitchen“ genauso gleichwertig zueinander wie Salzstreuer und Müslidose.

Als spartanisch schlichte Person gibt sich Masahiro Suda, der sich in der Wohnungsgalerie „Murata and friends“ eigens ein Domizil eingerichtet hat, um stets präsent zu sein, wenn Besucher eine Frage zu den Arbeiten haben. Zur Diskussion stehen dabei die Gemälde „Farbton“ und das bestickte Laken „Bettuch“. Tsuyoshi Ozawa versucht dabei, konzeptuelle Herangehensweisen mit Sozialkritik zu verknüpfen – wie lässt sich die Kreativität der Menschen so kanalisieren, dass sie möglichst keine Revolution auf dem Kunstmarkt auslöst? Ozawa hat die stille Verweigerung schon einmal bei einer Aktion in Tokio geübt, während deren die künstlerischen Vorstellungen aller Beteiligten in Standardkästen gesammelt wurden. Der Kasten ist aber eine Art Rucksack, der sich auf den Rücken schnallen lässt, und alle Kästen dieses Projektes zusammen bilden eine „Mobile Galerie“.

Norman Lindner

Bis 25. 9., Asian Fine Arts, Sophienstraße 18, Di.–Sa. 12–19 Uhr; dazu: RAMEN, Soups & Drinks, D.–So., 17–22 Uhr; bis 25. 9., Galerie MORI OGAI, Große Präsidentenstraße 10; bis 3. 9., Galerie Atelier Murata and friends, Rosenthaler Straße 39

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