: Erfolg durch Co-Direktor
■ Es funktioniert: 100 Tage Doppelspitze im Völkerkunde-Museum
Vielerorts in der Museumslandschaft hört man die Klage, die fachwissenschaftlichen Direktoren der einzelnen Häuser seien den marktorientierten Anforderungen eines mit wenig Staatsknete wirtschaftlich geführten Instituts kaum mehr gewachsen. Als umso weitsichtiger stellt sich das Hamburger Modell heraus, das nach der Überführung der staatlichen Museen in Stiftungen zu Beginn diesen Jahres auch die schnellstmögliche Einführung einer Doppelspitze vorsah, also den bisherigen Direktoren gleichberechtigte kaufmännische Geschäftsführer zur Seite stellte.
Im Hamburger Museum für Völkerkunde heißt der neue Co-Direktor Rüdiger Röhricht und ist jetzt gerade 100 Tage im Amt. Der Betriebswirt mit Erfahrung in Lei-tungsfunktionen des Technischen Überwachungsvereins und der Sprachschule inlingua bezeichnet sich als Personal-, Motivations- und Finanzexperte, als Stratege und Gestalter. Das klingt in manchen Ohren sehr museumsfremd, hat aber schon erste Ergebnisse erbracht.
Hinsichtlich der Verselbständigung der Museen gab es ja viele Befürchtungen: Die wichtigsten waren wohl Angst vor umfangreichen Entlassungen des Personals sowie strikte Durchkommerzialisierung und somit die Verflachung des Programms. Tatsächlich kam es anders, aber gut. Die eigentliche Sensation an der Sache ist, dass es bisher – zumindest im Völkerkundemuseum – überhaupt nichts Sensationelles gibt, weil es statt drastischer Änderungen „nur“ langsam etwas besser wird.
Als Hauptvorteil stellen sich erwartungsgemäß die kurzen Entscheidungswege und die Nähe von Führung und Personal heraus. Jeder im Hause bekam zwecks Transparenz ein Kärtchen mit den zehn Leitbildern des Hauses, gegen die keine Seite entscheiden sollte: Allein schon der Zwang zum Argumentieren führt oft bereits zu Klärungen und dann zur Umsetzung von kleinen Änderungen, die schon seit Jahren angedacht waren. Statt Entlassungen gab es eine Neueinstellung von jemandem, der sich intern um attraktive Veranstaltungen kümmert. Und in der Doppelspitze findet Direktor Wulf Köpke als Ethnologe nun mehr Zeit, um über aktuelle Inhalte der Völkerkunde nachzudenken und um Projekte zu entwickeln: Beispielsweise wird im nächsten Jahr einiges zu erwarten sein im Bereich der Objektpräsentation und in puncto einer zeitgemäßen, nicht eurozentrischen Definition internationaler Kunst. Der Mann der Wirtschaft kann sich um so intensiver um die Mitarbeiter, das Marketing und die Kosten kümmern.
Und was merkt das Publikum davon? Kurzerhand wurden schon mal die Eintrittspreise gesenkt, die Information und die Besucherführung verbessert, eine frühere Öffnungzeit für Schulklassen ist in Planung, und eine Arbeitsgruppe „Besucherservice“ wurde gegründet. Selbst wenn die Stimmung tatsächlich nur halb so gut sein sollte, wie die Direktoren auf einer Pressekonferenz letzte Woche verkündeten, ist das schon ein schöner Erfolg. Hajo Schiff
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