Zurück vom Klo

■ Punk ist doch noch machbar: Hot Water Music spielen im Tommy-Weißbecker-Haus

Der Grat ist ein sehr schmaler, auf dem Hot Water Music da entlang brettern. Denn: Es geht um, seien wir doch mal ehrlich, Punkrock.

Wer jetzt noch dabei ist, soll belohnt werden. Hot Water Music, ein Quartett aus Gainesville, Florida, sind zwar auch nur eine Punkband, aber eine, die einem den Glauben an Punk zurückgeben kann, zumindest für einen kurzen, heftigen und lauten Moment: politisch und nicht platt dabei; hart, ohne stumpf zu sein; und vor allem mit einem Sack grandioser Melodien, die nicht morgen gleich von MTV durchgenudelt werden, weil gegen den Ausverkauf, wie wir ihn von Offspring kennen, schon die kratzige Nichtstimme ihres Sängers Chuck Ragan spricht.

Zu ihrem Namen kamen Hot Water Music, als kurzfristig ein Konzerttermin für die bis dahin namenlose Combo anstand und Gitarrist Chris Wollard gerade das gleichnamige Buch von Charles Bukowski las. Damals hielten sie das für einen guten Einfall, kurz darauf stellten sie fest, dass es mindestens schon fünf Bands gab, die dieselbe glorreiche Idee gehabt hatten. Anschließend „haben wir Anwälten eine Menge Arbeit verschafft“, so Drummer George Rebelo, denn der Musikmulti Elektra versuchte unter demselben Namen eine Mainstreamrock-Kapelle zu lancieren. Seit die floppte, sind unsere Punkrocker auch den Rechtsstreit wieder los. Stattdessen hat man jetzt einen Song mit dem Titel „Elektra“ im Repertoire.

Ansonsten ist in den Texten viel von Freiheit die Rede, wird der Bogen gespannt von der individuellen Verantwortung zum aktiven Handeln und immer wieder beschworen, nicht das Leben leben zu müssen, das die anderen für einen vorgesehen haben: „Don't follow, lead a life the best we know“, heißt es in „It's Hard To Know“. Das sind natürlich die alten Punk-Issues, aber: „Als Band sind wir unpolitisch“, behauptet Rebelo, „wir wollen einfach rocken.“ Wo das herkommt, weiß man, wenn der Trommler stolz erzählt, dass seine Haare bereits als Neunjähriger lang genug waren, dass er auf einem Iron-Maiden-Konzert nicht auffiel.

Hot Water Music sind so überzeugte Rocker, dass man sich mit ihnen ausufernd darüber unterhalten kann, wann man als Rockstar scheißen muss: Nämlich immer vor dem Auftritt, anders geht's nicht. Zurück vom Klo haben sie sich in den USA durch gnadenloses und unentwegtes Touren einen halbwegs legendären Ruf erspielt. Selbst auf der Konserve drängt sich einem der Eindruck auf, dass diese Band eine Bühne erschüttern sollte. Heute abend dann in Berlin.

Thomas Winkler

20 Uhr im Tommy-Weißbecker-Haus, Wilhelmstraße 9, Kreuzberg