■ Das Diepgen des Tages: Thea Dorn – ketzerisch und provokativ
Sie ist so ketzerisch. So ki-ka-ketzerisch wie Eugen Drewermann und Hans Küng zusammen. Mindestens! Vielleicht sogar noch mehr. Deswegen setzt sie sich in Talkshowketzerpose hin und sagt: Ich heiße Thea Dorn und sage jetzt mal was ganz Ketzerisches. Das ist auch total provokativ. Hören Sie mal: „Ich steh auf. Ich steh auf Presslufthämmer. Presslufthämmer sind spitze.“
Sagt Thea Dorn das bei Arabella Kiesbauer oder bei Bärbel Schäfer? Sie sagt es in der Programmzeitschrift tip: „Das richtige Heimatgefühl kommt erst beim Presslufthammer auf. Letztes Jahr, da war ich mal im Urlaub. Irgendwo in der Schweiz. Das hältst du einfach nicht aus, wenn du aus Berlin kommst. Ich nehme jetzt immer eine Presslufthammer-Kassette mit, wenn ich auf Reisen gehe.“
Thea Dorn gibt sich sehr viel Mühe, böse zu erscheinen. Dabei strengt sie sich furchtbar an. Was übrig bleibt, ist die Anstrengung. Und eine Sprache, der man die Qual anmerkt: „Auch ereigneten sich wohl Unfälle dieser Art eher selten.“ Das ungelenke Baukastendeutsch kann man in Thea Dorns erstem Krimi, „Berliner Aufklärung“ lesen, einem Buch voller holpriger Sätze. Vor allem aber war Thea Dorns Debut auch schon ganz ketzerisch und provokativ, so auf Teufel komm raus nicht pc, wie Guido Westerwelle und genauso attraktiv.
Deshalb hat Thea Dorn für Berliner Aufklärung auch den Raymond-Chandler-Preis bekommen. In der Jury saßen Experten wie Hans Wollschläger, der Chandlers „The Long Good-Bye“ übersetzt hat, wie das nur Hans Wollschläger kann: Aus „a desperate man“ zum Beispiel wurde nicht etwa „ein verzweifelter Mann“, sondern „ein desperater Mensch“.
Thea Dorn studierte Philosophie in Frankfurt. Daher der Name: Th. A. Dorn. Das ist witzig, das ist kess, das ist frech, das kommt weiter, das ist Thea Dorn. „Presslufthämmer machen unser Berlin schöner. Tag für Tag. Presslufthämmer machen unsere Berliner Tage schöner.“ So schreibt eine, die 29 ist, Thea Dorn heißt und so rasend gerne für boshaft gehalten werden möchte: „unsere Berliner Tage“. Die Philosophie dazu ist gratis: „Wohnen kann man schließlich überall auf der Welt. Um zu wohnen, brauchst du nicht nach Berlin zu gehen.“
Konformismus in Ketzerpose ist peinlich und wird zur Strafe für Langweilerei Querdenken genannt. In dieser Disziplin hat es Thea Dorn schon weit gebracht und wird es darin noch weiter bringen. Molly Bluhm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen