: Was entschieden ist, bleibt
■ Parlamentskritik an SPD-Sozialsenatorin Roth soll nur für die Zukunft gelten
Was für die Zukunft als falsch erachtet wird, kann in der Vergangenheit nicht richtig gewesen sein, findet Rainer Schmidt. Wenn also die Bürgerschaftsfraktionen von GAL und SPD nun die Ausschreibungspraxis von Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) kritisieren und ein eigenes Konzept ankündigen, müssten die bisherigen Vergabeentscheidungen aufgehoben werden. Schmidt, Vorstand der „Palette“, fordert deshalb von der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), dem Verein wieder die Trägerschaft für die seit Jahren betriebene Drogenhilfseinrichtung „Palette 3“ zu übertragen. Die hat Roth nach einer öffentlichen Ausschreibung dem Verein „Jugend hilft Jugend (JhJ)“ zugesprochen.
So weit, die Rücknahme bereits gefällter Entscheidungen zu verlangen, gehen die Kritiker aus der Bürgerschaft nicht. „Einzelentscheidungen der Behörde können wir nicht aufheben“, stellt Jan Ehlers (SPD) klar, der die Senatspolitik in der vorigen Bürgerschaftssitzung massiv kritisiert hatte. Die Bürgerschaft könne nur politische Vorgaben machen. Dazu kündigte die SPD vorige Woche ein Positionspapier an, das nächsten Montag beschlossen werden soll. Im Dezember, wenn der Haushalt 2000 verabschiedet wird, werde es laut Ehlers dann „Anträge an die Bürgerschaft geben“.
„Jugend hilft Jugend“ bereitet indes die Eröffnung der neuen Einrichtung zum 1. Oktober intensiv vor. In einem Schreiben an den Betriebsrat der „Palette“ sind die dortigen MitarbeiterInnen aufgefordert, sich beim neuen Träger zu bewerben. Bislang seien noch keine Bewerbungen eingegangen, so JhJ-Geschäftsführer Kai Wiese.
Am 14. September wird der Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft eine öffentliche Anhörung zur Ausschreibungspaxis durchführen. Bis dahin wird eine von der Senatorin initiierte Arbeitsgruppe von Trägern aus dem Suchtbereich, die Kriterien zur Qualitätskontrolle der Drogenhilfsprojekte erarbeiten soll, ihre Arbeit einfrieren. Am Freitag sollten Richtlinien zur Qualitätssicherung verabschiedet werden. Gestern entschied die AG, das vorerst auszusetzen. Ein Teilnehmer: „Langfristige Qualitätssicherung ist nicht erforderlich, wenn man die Trägerschaft nach fünf Jahren ohnehin verliert.“
Elke Spanner
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