: Staat schont Vermögen bei Joblosigkeit
■ Arbeitslose müssen Vermögen nicht mehr komplett für aktuellen Unterhalt verpulvern. Arbeitsminister begünstigt Altersvorsorge
Berlin (taz) – Von ihrer Mutter hatte die 42-Jährige ein bisschen Geld geerbt: 30.000 Mark. Schon seit einem halben Jahr bezog die ehemalige Aushilfssekretärin Arbeitslosenhilfe. Dem Arbeitsamt teilte sie von dem Erbe nichts mit. „Ich war mir gar keiner Schuld bewusst“, erzählt die Berlinerin. Erst als sie im folgenden Jahr einen neuen Antrag auf Stütze stellte, gab sie bei der Frage des eigenen Vermögens die 30.000 Mark an. Das Arbeitsamt reagierte: Das hätte sie sofort mitteilen müssen.
Der Frau drohte eine Anzeige wegen Betrugs. Das war im vergangenen Jahr. Inzwischen hat sich die Rechtslage für Langzeitarbeitslose gebessert.
Seit Juli dürfen Arbeitslosenhilfeempfänger mehr eigenes Vermögen besitzen – um damit für den Lebensabend vorzusorgen. Eine Verordnung von Sozialminister Riester (SPD) sieht vor: Für eine Alterssicherung sei Vermögen bestimmt, wenn der Arbeitslose das Geld nach Eintritt in den Ruhestand „zur Bestreitung des Lebensunterhalts“ verwenden wolle. Für jedes vollendete Lebensjahr darf der Joblose 1.000 Mark auf dem Konto behalten, ist er verheiratet, zählt auch der Ehegatte mit. Bisher lag der Freibetrag bei 8.000 Mark.
Im Klartext: Ein 50jähriger Arbeitslosenhilfeempfänger darf 50.000 Mark als Altersvorsorge horten. Ist er verheiratet, dürfen es sogar 100.000 Mark sein. Hat der Jobsuchende eine Lebensversicherung abgeschlossen, wird diese gleichfalls nicht angerechnet – aber nur, wenn der Rückkaufwert der Police den neuen Freibetrag nicht übersteigt. Bisher waren Lebensversicherungen allerdings gänzlich von der Anrechnung auf die Arbeitslosenhilfe ausgenommen. Für Leute, die eine sehr hohe Lebensversicherung abgeschlossen haben, ist die neue Regelung daher von Nachteil: Bei ihnen wird der Rückkaufwert, der die neue Freigrenze übersteigt, von der Stütze abgezogen.
„Dem Grundsatz nach wird jetzt bei Vermögen großzügiger verfahren“, erklärt Armin Johannsen, Referent bei der Bundesanstalt für Arbeit (BA), „bei Lebensversicherungen mit besonders hohen Summen wird allerdings gedeckelt.“ Die neue Vermögensfreiheit für Joblose kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem Riester plant, die Rentenbeiträge für Langzeitarbeitslose abzusenken. Mehr als zuvor ist eigenes Geld notwendig, um der Verarmung im Alter vorzubeugen.
Gleichzeitig wird das Schummeln bei der Vermögensbewertung schwerer gemacht: Demnächst sollen die Arbeitsämter in der Lage sein, bei Arbeitslosenhilfeempfängern automatisch das Vermögen zu überprüfen. Steht die passende EDV zur Verfügung, können die Ämter über das Bundesamt für Finanzen erfragen, welche Kapitalerträge der Antragssteller aus seinem Vermögen bezog. Dies wiederum lässt Rückschlüsse auf das Vermögen zu. Die Behörden basteln bereits an einer entsprechenden Software. Barbara Dribbusch
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen