: Hybride Hochgeschwindigkeit
■ Eine neue Veranstaltungsreihe eröffnet mit A Guy Called Gerald
Der Typ heißt Gerald Simpson und hat ein bewegtes Musikerleben hinter sich. Die Stücke, mit denen er Ende der 80er Jahre auf Acid-Compilations auftauchte, brachen bereits in dieser frühen Phase mit dem geschmäcklerischen Kodex des Genres. Es ging ihm um Hochgeschwindigkeitsvorgaben, um eine angenehme Version von Tempo, die statt klirrende Kälte wärmende Hörner zum Aufhänger nahm. In der Folge der Hits wie „Voodoo Ray“ tauchte er ab und frickelte an minimalistischem Techno.
Mit Black Secret Technology nun geht es ihm um eine Vorstellung von Breakbeat, die sich paradoxerweise aus seinem alten Schaffen herleitet: Rennen über Filz. Zusammen mit Goldie, mit dem er auch das Nebenprojekt The 2Gs unterhält, baute A Guy Called Gerald dafür einige Stücke, schichtete zahllose Spuren. Doch anders als der Rabauke mit den Goldzähnen geht es Gerald nicht um Operetten, um lüstern beladene Klangschwaden, sondern um eine gepflegte und wattierte Melancholie, die an AR Kane oder Morgenmäntel aus Satin gemahnt.
Dabei wird aber die zarte Seele stets in eine Folie aus Breakbeat verpackt. So gerät Black Secret Technology zu einer Platte, die der Technologie ihr Geheimnis beläßt oder umgekehrt das Geheimnis technologisch umkreist oder zu einem betörenden Sound der Widersprüche und des Widerstreits, an der man sich kaum überhören kann.
Wenn da nicht die Elektro-Funk-Schmierenkomödie am Ende wäre. Doch hier wollte er sich wohl noch einen Spaß machen oder aber sein Ausgangsmaterial verdeutlichen.
Sein Hamburg-Debut ist übrigens der Auftakt von Xerox, einer Veranstaltungsreihe von Container Records und der Markthalle, die alle zwei Monate avancierte Klangarbeiter in die Stadt holen wird. „Da es Xerox noch zu gewagt erschien, die 18köpfige Band von A Guy Called Gerald nach Hamburg zu holen, wird dieser sich selbst beim Live-Mixen vertreten“, wie sich die Organisatorin Cola Rerat ausdrückt. Zum Auftakt werden weiterhin Depth Charge auflegen, die ihre Hongkong-Filme und Manga-Videos mitbringen, auf daß die Augen auch mit den Ohren mithalten können.
Volker Marquardt
Sa, 9. 12., Markthalle, 21 Uhr
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