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„Ich übe keinen Druck aus“

■ Wenn Niedersachsen das Atommülllager Konrad verhindern wolle, könne es das gerne tun, sagt Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne)

taz: Will der Bundesumweltminister ein Endlager Schacht Konrad in Salzgitter?

Jürgen Trittin: Die Bundesregierung möchte ein einziges Endlager für schwach- und hochaktive Abfälle. Dafür ist Schacht Konrad bekanntermaßen nicht ausgelegt. Deswegen gibt es an dem Kurs der Bundesregierung in dieser Frage nichts zu deuteln.

Warum heben Sie dann die Weisungen des Bundes an das niedersächsische Umweltministerium nicht auf, mit denen ihre CDU-Amtsvorgänger das Konrad-Verfahren in Richtung Genehmigung gelenkt haben.

Diese Weisungen sind weitgehend gegenstandslos. Eine Weisung, die Niedersachsen in dem Verfahren die Prüfung der Transportrisiken untersagte, wird heute sogar nicht mehr praktiziert. Seit über einem Jahr prüft die niedersächsische Landesregierung ausführlich die Frage der Kontamination der Transporte. Es kann somit nicht im Ansatz die Rede davon sein, dass hier ein Druck des Bundes auf Niedersachsen in Richtung eines positiven Planfeststellungsbeschlusses bestehe. Jenes Papier aus meinem Hause, aus dem der niedersächsische Umweltminister Wolfgang Jüttner jetzt alles mögliche Falsche herausliest, enthält ausdrücklich die Anmerkung, dass bei Schacht Konrad noch zu prüfen ist, ob der Anlage nicht ein neuer, dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechender Störfallgrenzwert zu Grunde zu legen ist. Außerdem regt es an, bei einer Genehmigung nicht die bisher geltenden Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung zur Basis zu machen, sondern die neuen, die gerade in Arbeit sind. Anstatt den niedersächsischen Umweltminister zu einer Genehmigung per Weisung zu zwingen, wie das Herr Jüttner immer so gern behauptet, haben wir ihm also nahe gelegt, bestimmte Fragen in dem Genehmigungsverfahren noch weiter zu prüfen.

Herr Jüttner möchte aber offenbar angewiesen werden, weil er das Endlager will, die Verantwortung für eine Genehmigung aber beim Bund abladen möchte. Wenn Herr Jüttner Schacht Konrad die atomrechtliche Genehmigung verweigern will, so möge er es tun. Es wird ihn niemand daran hindern.

Das Papier aus Ihrem Hause, über das die taz breit berichtete, sah keine Möglichkeit, das Endlager zu verhindern ...

Was in diesem Vermerk für eine Staatssekretärsrunde der Bundesregierung steht, geht wiederum auf niedersächsische Vermerke, auf Auffassungen der niedersächsischen Genehmigungsbehörde zurück. Die dort aufgeführten Einschätzungen sind keine eigenen Einschätzungen der Bundesregierung. Wenn Niedersachsen diese Einschätzungen nunmehr für falsch hält, muss es selbst diese Einschätzungen korrigieren. Wir haben keine eigenen Erkenntnisse über den rechtlichen Stand des Genehmigungsverfahrens, sondern haben nur das vorliegen, was uns Niedersachsen übermittelt hat. Es ist nicht seriös, dass sich niedersächsische Politiker jetzt über den Inhalt ihrer eigenen Feststellungen ereifern.

Die niedersächsische Landesregierung wollte doch bereits vor zwei Jahren die Genehmigung mit den Argument verweigern: Kein Bedarf für ein separates Endlager Konrad. Der Gebrauch dieses Argumentes ist ihr per Weisung von der alten Bundesregierung untersagt worden.

Das ist völliger Unsinn. Diese zwei Jahre alte Weisung präjudiziert in keiner Weise das Ergebnis des Genehmigungsverfahrens. Das Land Niedersachsen kann in diesem Verfahren in voller rechtlicher Souveränität und in voller Verantwortung entscheiden. Dass jetzt immer wieder die Aufhebung dieser Weisung verlangt wird, ist eine rein parteipolitisch motivierte Aktion. Ich hätte mir die gleiche Aufregung von Herrn Jüttner und Ministerpräsident Glogowski gewünscht, als der Bundeswirtschaftsminister vorgeschlagen hat, Konrad mal einfach zu genehmigen. Bei diesem rechtswidrigen Vorschlag waren die Niedersachsen verdächtig stille. Interview: Jürgen Voges

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