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Ab zum Pilzesammeln!

■ Warum auch für den Saarländer Richard Dewes in Schröderland kein Platz mehr sein kann

„Es ist ein gutes Gefühl, eure Solidarität zu spüren“, rief Richard Dewes nach seiner vernichtenden Wahlniederlage am Sonntag durchs Erfurter SPD-Bierzelt. Gefühl – Solidarität – Spüren. So reden nicht nur Ossis. So reden Menschen, die Wärme brauchen. So reden Menschen, denen übel mitgespielt wird. So reden Verlierer und Sozialdemokraten. So reden Saarländer.

Der Kandidat Dewes ist zwar schon seit 1994 in Thüringen, kann seine Herkunft aber nicht verleugnen. Denn als Saarländer wird man geboren (Dewes in Alsweiler) und als Saarländer stirbt man. „Das Herz hat einen Standort“, rief Oskar Lafontaine, der Saarländer schlechthin, nach seinem Abgang: „Es schlägt links!“ Im Beifall ging der Rest unter. Eigentlich wollte LaFo sagen: Das Herz schlägt links – links unten in der Ecke. Im hintersten Südwesten, wo die Kinder Carl-Maurice heißen und Deutschland nur „das Reich“. Und das Reich ist groß und kalt und außer ein paar Milliarden Finanzausgleich kommt nichts Gutes von dort.

Dies zu ändern ist Lafontaine einst ausgezogen. Die ganze, große Welt sollte ein wenig so werden wie das kleine Saarland. Nahe an Frankreich, dauersubventioniert, SPD-regiert. Und weil man die Saarländerisierung Deutschlands und des internationalen Währungssystems nicht irgendwelchen Schröders aus Niedersachsen überlassen kann, hat Oskar ein paar Saarländer mitgenommen. Ottmar Schreiner wurde Bundesgeschäftsführer, Reinhard Klimmt regierte im Saarland. In diesem großen Plan war auch für Richard Dewes, ehemaliger Innenminister unter LaFo, ein kleines Fleckchen vorgesehen: Thüringen.

Das Kleeblatt ging die neuen Aufgaben mit der Saarländern eigenen Konsequenz an. Lafontaine machte fünf Monate lang Weltökonomie. Schreiner durchlitt sechs Wahlniederlagen. Klimmt verlor gegen die CDU. Dewes gegen die PDS.

Der Saarländer aber ist zäh. Er kann sich auch in schönen Hobbys verwirklichen. Lafontaine sammelt jetzt Pilze und hält Vorträge. Schreiner ist einfacher Abgeordneter. Klimmt sammelt alte Parteiprogramme. Dewes ist begeisterter Pferdezüchter.

Was aber macht Schröder ohne Saarländer? Gibt es jetzt keine Niederlagen mehr? Vorsichtshalber hat er Klimmt ins Kabinett berufen. Ein Saarländer muss ja schuld sein. Aus dem Reich: Robin Alexander

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