Unermüdlich gegen Ungläubige

■ Der Araber Ibn Khattab gilt als einer der Anführer der islamistischen Rebellen in Dagestan. Sein Kampf gegen Russland ist international

Kairo (taz) – Er ist so etwas wie der personifizierte russische Albtraum. Der Araber Ibn Khattab wird neben dem Tschetschenen-Kommandanten Schamil Bassajew von Moskau als einer der Drahtzieher der Rebellen in Dagestan angesehen, die die russische Armee in Schach halten.

Allzu viel ist nicht bekannt über den „islamischen Guerillero“, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die „russischen Besatzer“ aus Zentralasien und dem Kaukasus zu verdrängen und dort islamische Republiken auszurufen. Die arabische Zeitung al-Hayat veröffentlichte diese Woche einige Details. Ibn Khattab soll demnach vor 29 Jahren in einem der Golfstaaten geboren sein. Andere behaupten, er sei Jordanier und Mitte der 60er Jahre geboren. Laut al-Hayat sollte er eigentlich mit 17 Jahren zum Englischlernen in die USA reisen. Aber Ibn Khattab änderte seine Lebensplanung. Angeregt durch die Berichte über Heldentaten der heiligen Krieger gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan, wollte er den Dschihad mit eigenen Augen sehen. Er reiste nach Pakistan und wurde in ein Mudschaheddin-Trainingslager bei Jalalabad aufgenommen.

Damalige Mitstreiter erinnern sich an den jungen enthusiastischen Mann mit langen Haaren, der dafür bekannt war, ganz besonders bei der Sache zu sein. Ibn Khattab wollte sofort an die Front des „heiligen Krieges“ in Afghanistan geschickt werden. Sein Trainer lehnte dieses Anliegen allerdings damals noch ab und unterwarf ihn weiterem Drill.

Bei der Mudschaheddin-Eroberung der afghanischen Stadt Jalalabad kam er schließlich zu seinem ersten begehrten militärischen Einsatz. Als er 1993 auch an der „Befreiung“ Kabuls teilnahm, wurde er durch einen Bauchschuss verletzt. Bei einem späteren Einsatz in Tadschikistan verlor er zwei Finger, als ein Sprengsatz in seiner Hand explodierte. Eine Behandlung in dem von den Mudschaheddin kontrollierten pakistanischen Grenzort Peschawar lehnte er damals strikt ab. Stattdessen soll er die Wunde mit Honig behandelt haben.

Anfang 1995 wandte sich Ibn Khattab mit acht weiteren arabischen Mitstreitern dem Kaukasus zu. Der dortige Konflikt rund um Tschetschenien war ganz nach seinem Geschmack. Kurz nach seiner Ankunft legte er mit 50 anderen einen Hinterhalt für eine russische Militärkolonne. Die russische Armee hatte damals derart viele Verluste, dass infolge dieses Hinterhalts drei Generäle ihren Hut nehmen mussten.

Nach dem Rückzug der Russen aus Tschetschenien 1996 erhoben die örtlichen Autoritäten den altgedienten Kämpfer in den Rang eines Brigadegenerals. Später leitete Ibn Khattab im Dezember 1997 einen Überraschungsangriff auf eine russische Kaserne in Bujnaksk, tief im von den Russen kontrollierten Dagestan. Nachdem seine Männer Panzerfahrzeuge, Lastwagen und ein Benzindepot angezündet hatten und den dort stationierten russischen Soldaten hohe Verluste zugefügt hatten, zogen sie sich wieder über die Grenze zurück.

Bei diesem Angriff vor zwei Jahren ahnte noch niemand, dass Dagestan noch einmal zum Haupteinzugsgebiet Ibn Khattabs werden wird. Nun bereitet er Moskau dort wieder Kopfschmerzen. Ähnlich wie einst in Tschetschenien gelang es der russischen Armee auch in Dagestan bisher nicht, ein paar hundert hoch motivierte islamistische Kämpfer zu besiegen.

„Wir kennen die Pläne der Russen und ihre Schwächen“, ließ Ibn Khattab unlängst selbstbewusst verlauten. Al-Hayat zitiert ihn mit den Worten: „Immer wenn ich mit meiner Mutter telefoniere, fragt sie mich, wann ich endlich nach Hause komme. Obwohl ich sie seit zwölf Jahren nicht gesehen habe, winke ich dann ab, denn wer bringt mein Werk zu Ende, wenn ich in die Arme meiner Mutter zurückkehre?“ Karim El-Gawhary