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Mit Franz-Josef Strauß gegen die Bayern

Kommenden Mittwoch beginnt politisches Schaulaufen zum Finanzausgleich  ■ Von Peter Ahrens

Wenn SPD-Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel gegen die bayerische Sache streitet, schreckt sie auch nicht davor zurück, die Süddeutschen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und Franz-Josef Strauß selig zu zitieren. „Pacta sunt servanda“, griff die Senatorin gestern zum lateinischen Lieblingsspruch von FJS, um die Hamburger Position beim Länderfinanzausgleich klar zu machen. Es könne nicht angehen, dass die Südländer Hessen, Bayern und Baden-Württemberg versuchten, über eine Klage die gültigen Verträge zum Finanzausgleich auszuhebeln, beklagte sie gestern. Am kommenden Mittwoch wird vor dem Bundesverfassungsgericht über die zukünftige Form des Umgangs zwischen reichen und armen Bundesländern verhandelt.

Das wird in der kommenden Woche ein gewaltiges Schaulaufen der PolitikerInnen in Karlsruhe geben. Allein zehn Länderchefs haben ihr Kommen angekündigt, um ihre Stellungnahme pro oder contra Länderfinanzausgleich abzugeben. Neben Nümann-Seidewinkel wird auch Bürgermeister Ortwin Runde zum Gerichtstermin nach Süddeutschland reisen. Das Gericht wird sich das alles in Ruhe anhören und sich mit der Entscheidung Zeit lassen. Die soll erst Ende November fallen.

Worum geht es? Die drei Südländer wollen den Länderfinanzausgleich nicht mehr akzeptieren, den sie selber noch 1995 im Solidarpakt unterschrieben haben. Der Pakt war an sich bis ins Jahr 2004 festgeschrieben, und trotzdem haben die drei schon 1997 den Klageweg beschritten. Ihr Argument: Sie werden dafür bestraft, wirtschaftlich erfolgreiche Bundesländer zu sein, idem sie als Geberländer eingestuft werden und den ärmeren Brüdern und Schwestern wie dem Saarland, Bremen oder vor allem den Ost-Ländern unter die Arme greifen müssen.

Hamburg ist auch ein Geberland. Eins der fünf reichen Länder, die in den Finanzausgleich einzahlen – bislang knapp 600 Millionen Mark im Jahr – , und hat trotzdem eine ganz andere Position. Nümann-Seidewinkel wäre es am liebsten, wenn die Richter überhaupt nicht an den gegenwärtigen Verträgen des Solidarpaktes herumändern und alles so bliebe, wie es ist. Wie 1995 abgemacht, sollte das Thema bis 2004 ruhen, und dann könne man über alles reden.

Was Hamburg besonders fürchtet: Wenn der Finanzausgleich vor Gericht kippt, würde auch die bisherige sogenannte Einwohnerwertung fallen können. Eine recht komplizierte Rechnung, die die Stadtstaaten bislang recht gut abschneiden lässt. Würde das abgeschafft, hieße das nach Rechnung der Finanznbehörde 1,5 Milliarden zusätzliche Kosten, die man in den Ausgleichstopf tun müsste. Zwar ist Nümann-Seidewinkel zuversichtlich, dass die Einwohnerwertung bleiben wird – schließlich ist die Regelung bereits zweimal vor Gericht bestätigt worden –, aber sie fügt gleich an: „Vor Gericht und auf hoher See – Sie wissen ja.“

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