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■ StandbildGanz kontrolliert ein bisschen persönlich

„Joschka, der Außenminister“, Mi., 21.45 Uhr, ARD

Joschka Fischer ist in der Politik so etwas wie Nina Hagen in den Talkshows: ein Selbstläufer, per se interessant, immer unterhaltsam. Und durchporträtiert bis zum Abwinken. Joschka, der Ex-Sponti, der Ex-Dicke, der Jogger, der Entertainer, der beliebteste deutsche Politiker, der die Grünen in den Krieg geführt und dafür einen Farbbeutel aufs Ohr bekommen hat – alles, wovon Fischer will, dass es über ihn bekannt ist, ist auch bekannt.

45 Minuten zeigten die Autoren den Außenminister, von seiner Vereidigung im Kabinett Schröder über den Kosovo-Krieg bis zu den jüngsten Wahlniederlagen – und doch bleibt Fischer eine Persönlichkeit wie von einem anderen Stern. Da gibt es einen Exkurs zur Kindheit im Schwäbischen, aber warum Fischer wird, wie er wird, bleibt unklar. Fischer erinnert sich an eine romantische Kindheit, aber auch an eine „geistige Enge“, die ihn zum Weglaufen brachte. Wieso, warum? Fischer darf behaupten, er sei von seinem ganzen Wesen her ein Linker, und das werde auch immer so bleiben. Im Film bleibt es vor allem bei der Behauptung. Keine Fragen, kein wirkliches Interesse. Die Autoren, so scheint es, erlagen ihrer Faszination – und der der Nähe zur Macht, mit der sie fliegen und zum Gespräch aufs Hotelzimmer durften – und die sie doch eigentlich hatten thematisieren wollen.

Spannend war dagegen die Nachlese zum Kosovo-Krieg („die größte Herausforderung meines Lebens“), wenn Fischer zugibt, dass der Einsatz von Bodentruppen nur noch einen Hauch entfernt war, wenn er viel Lob von US-Außenministerin Madeleine Albright einheimst, bis hin zu jenem roten Farbbeutel auf dem Grünen-Parteitag, über den Fischer „immer noch sauer“ ist. Da kann er, ganz kontrolliert, ein bisschen persönlich werden. Fischer mag das Interesse der Medien, trotz Poltereien gegen Fotografen auf seiner Hochzeit. Gefragt, was er sich von einem Film über ihn erwarte, antwortete er ernst schmunzelnd: „Nichts Gutes.“ Na ja. Bernd Pickert

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