: Alles neu macht der Willi
■ Bildungssenator Willi Lemke (SPD) organisierte Vorhang für Grundschule / Auch andere Schulen wollen Geschenke / Nur SchülerInnen wollen kein Sponsoring
Gerade neun Wochen im Amt, schon kann Bildungssenator Willi Lemke (SPD) einen ersten Erfolg verbuchen: Die Grundschule Stader Straße hat neue Gardinen für die Aula erhalten. Das hatte der Ex-Werder-Manager bei seinem Antrittsbesuch in der Schule vor zwei Monaten versprochen. Gestern kam er persönlich zur offiziellen Übergabe in die Schule – und probte damit erstmals eine Vorstufe vom vieldiskutierten „Sponsoring“.
Die Gardinen spendierte nämlich Lemkes langjähriger Freund und Raumausstatter Eckart Kauert – und bekam dafür viele Dankesworte von Schulleiterin Christa Bauer: „Irgendwann hingen die Vorhänge nur noch in Fetzen von den Wänden“, erinnerte sie sich an den alten, trostlosen Zustand – und freute sich, dass nun endlich die Sonne nicht mehr ungeschützt in die Schulaula scheint.
Diese öffentlichkeitswirksame Geschenk-Übergabe könnte künftig auch noch öfter über die Bühne gehen. Immerhin hat der Senator schon ganze 17 Schulen besucht, „um sich einfach mal so umzuhören“. Weitere Besuche sollen folgen. Und laut nicht-repräsentativer taz-Umfrage wird die Wunschliste den alten Werder- und neuen Bildungsmanager in seiner Sponsoring-Kompetenz voll fordern. So hätte die Grundschule an der Alfred-Faust-Straße auch gerne Vorhänge – allerdings diesmal gerne für die Pausenhalle Außerdem müsste das Dach neu gedeckt und sämtliche Fußböden neu verlegt werden, verrät die Schulleiterin der taz am Telefon. Und halt: Auch einen Computer bräuchte sie, den würde sie sich „sogar selbst kaufen, nur habe ich hier gar keinen Platz.“ Und auch noch neues Gestühl im Lehrerzimmer sei nötig. Das sei nämlich von 1971, sagt die Schulleiterin: „Die Polster sind vollkommen durchgesessen.“
Für das Schulzentrum Butjadinger Straße müsste Lemke mit seinen „connections“ schnell noch ein paar „Außenjalousien für 70 bis 80 Fenster“ beschaffen, sagt Schulleiter Dieter Weidanz. Dann bräuchte man noch neue Ausstattung für das Lehrerzimmer. „Außerdem könnten wir Bilderrahmen gebrauchen“, um die Flure freundlicher zu gestalten, so Weidanz.
Summa summarum kämen so – am Beispiel beider Schulen – schon Kosten von mindestens 500.000 Mark zusammen. Hochgerechnet auf 170 Bremer Schulen wären das satte 42 Millionen Mark nur für Kleinreparaturen. Da heißt es also für Lemke, viele eifrige Gardinen-, Computer- oder Fußboden-Spender zu finden, um den hypothetischen Betrag zu minimieren.
Aber genau an diesem Punkt sehen vor allem einige SchülerInnen große Gefahren lauern. Bei einer Juso-Schüler-Diskussion am vergangenen Donnerstag unter dem Motto „Feuer frei auf Willi“, hatte sich Lemke für neue Finanzierungsideen stark gemacht. Bildungseinrichtungen könnten von der Wirtschaft unterstützt werden, sagte er vor dem jungen Publikum. Aber die anwesenden rund 30 SchülerInnen wollten von solchen neuen Modellen überhaupt nichts wissen.
„Wir sind schließlich kein Fußballverein“, ereiferte sich eine Schülerin erbost über Lemkes Ausführungen über Leistung und Konkurrenz. Besonders große Angst zeigten sie vor allem wegen der Lehrinhalte. Ein Schüler glaubte, Sponsor-Firmen könnten verlangen, dass bestimmte Passagen in Geschichtsbüchern ausradiert würden. Nach dem Motto: Wer zahlt, der kann auch bestimmen. Und diesen Glauben ließen sie sich nicht nehmen. Dabei schreibt der Raumausstatter mit den sonnen-gelben Gardinen nach taz-Recherchen keine Lehrpläne um. Nathalie Sander
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