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SPD eilt von Rekord zu Rekord Grüne gerade noch messbar

■  Die CDU unter Kurt Biedenkopf gewinnt in Sachsen erneut die absolute Mehrheit. Die SPD schafft es gerade noch auf gut zehn Prozent, während die Grünen fast die Hälfte ihrer Stimmen einbüßen. PDS doppelt so stark wie SPD

Berlin (taz) – Die SPD hat bei den Landtagswahlen in Sachsen einen neuen Rekord aufgestellt – nach unten. Nur noch gut 10 Prozent mochten die Sozialdemokraten wählen, etwa 6 Prozent weniger als 1994. So wenige Prozente konnten Sozialdemokraten noch nie bei bundesdeutschen Landtagswahlen einfahren. Auch die Grünen blieben im Trend. Spitzenfrau Gunda Röstel konnte gerade 2,5 Prozent erreichen – gut halb so viel wie vor fünf Jahren.

Deutlicher Sieger ist dagegen die CDU mit ihrem Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf. Der „König von Sachsen“ konnte seinen Erfolg von 1994 (58,1 Prozent) mit leichten Einbußen wiederholen. Die PDS erhöhte ihren Stimmenanteil deutlich und erreichte etwa 22,5 Prozent. Die FDP kam nur auf etwa ein Prozent.

SPD-Spitzenkandidat Karl-Heinz Kunckel hatte vor Schließung der Wahllokale noch erklärt, er werde weiterhin an der Spitze der sächsischen SPD bleiben. Am Abend kündigte er dann im TV seinen Rücktritt und einen Sonderparteitag an. Den Fraktionsvorsitz will Kunckel aber offenbar behalten. Mehrere sächsische SPD-Politiker machten die Bundespartei für das desaströse Abschneiden verantwortlich. SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering bezeichnete das Ergebnis wie inzwischen jede Woche als „bittere Niederlage“ und machte erneut die „Großwetterlage“ für das Fiasko der Sozialdemokraten verantwortlich.

Die grüne Spitzenkandidatin Gunda Röstel erklärte im Fernsehen, das Ergebnis mache die Situation der Grünen in Ostdeutschland „sehr schwierig“. Ob dieses Desaster persönliche Konsequenzen für sie habe, will Röstel erst heute bekannt geben. „Wir werden sehr schnell neue Ziele in der Bundespartei zu ziehen haben“, sagte die grüne Bundessprecherin. Karl-Heinz Gerstenberg von den sächsischen Grünen griff die Bundesspitze der Partei frontal an: „Ich halte es für eine bodenlose Gemeinheit, eine Spitzenkandidatin zwei Tage vor der Landtagswahl so zu demontieren“, kommentierte er die jüngsten Diskussionen um eine Ablösung Röstels vom Amt der Bundessprecherin (siehe Artikel links). Bundessprecherin Antje Radcke sprach sich gegen einen Rücktritt Röstels aus. Bundesgeschäftsführer Bütikofer sagte, er hoffe, dass man Röstel davon abhalten könne zurückzutreten. Ihr sei das Ergebnis nicht anzulasten.

Triumphal fiel das Ergebnis für Kurt Biedenkopf und die CDU aus. Biedenkopf erklärte, er sei „fast überwältigt“ von diesem Wahlerfolg, der der Union erneut die absolute Mehrheit in Sachsen sichert. „Als Demokrat bin ich traurig, dass es die SPD so getroffen hat“, sagte er. Seine Frau und sächsische Landesmutter assistierte: „Mit so einem Mann zusammen arbeiten zu können, das ist so ein großes Glück, dass es nie schwer fällt.“

Ganz im Gegensatz zu SPD und Grünen steigerte die PDS ihren Stimmenanteil erheblich. Die SED-Nachfolgepartei fuhr mit rund 23 Prozent etwa 7 Prozent mehr als 1994 ein. Sie ist damit doppelt so stark wie die SPD. PDS-Spitzenkandidat Peter Porsch bedauerte, dass die absolute Mehrheit der CDU nicht gebrochen werden konnte. Der Regierung werde jedoch schon bald „ein schärferer Wind ins Gesicht wehen“, sagte er. klh

Tagesthema Seite 3

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