: Damit nichts mehr hinten raus kommt
■ Um die BVG-Busse für künftige EU-Abgasregelungen fit zu machen, werden die Fahrzeuge mit einem Filter versehen, der den Ausstoß von Rußpartikeln um 96 Prozent senkt
Sie gelten als besonders schnodderig und manchen scheint es diebische Freude zu bereiten, genau dann die Türen zu schließen, wenn man die Haltestelle gerade abgehetzt erreicht hat: Das Klischee vom unfreundlichen Berliner Busfahrer wird gern bemüht, wenn Beispiele für die angeblich ätzenden Umgangsformen in der Stadt gesucht werden. Es gibt allerdings auch liebenswertere untere ihnen: Auf der Buslinie 129 zum Beispiel wünscht ein Fahrer beim Aussteigen stets einen schönen Tag, und die Zeit zwischen zwei Haltestellen nutzt er gewöhnlich, um den Fahrgästen die Sehenswürdigkeiten der Route gratis näher zu bringen. Ziemlich nett ist es auch, wenn man als letzter Fahrgast im Nachtbus direkt vor der Haustür abgesetzt wird.
Und im nächsten Jahr soll alles noch besser werden: Zumindest werden die BVG-Busse dann deutlich weniger Schadstoffe ausstoßen. Denn bis zum Jahresende 2000 sollen alle 1.400 Omnibusse mit CRT-Filtern ausgestattet sein, versprach BVG-Vorstandsvorsitzender Rüdiger vom Walde beim Kongress „CRT contra Erdgas?“ vor zwei Wochen. Bisher verursachen die BVG-Dieselbusse immerhin fast zehn Prozent aller Ruß- und Stickoxidemsissionen des gesamten Kfz-Verkehrs in der Stadt. Durch den Partikelfilter CRT (Continously Regenerating Trap) soll der Ausstoß krebserregender Rußpartikel um 96 Prozent verringert werden; dazu kommt eine Reduzierung der Kohlenwasserstoff- und Kohlenmonoxidemissionen durch einen integrierten Oxidationskatalysator. Damit würden die BVG-Busse Abgaswerte erreichen, die EU-weit erst ab Mitte des nächsten Jahrzehnts bindend sein sollen. Zukunftsperspektive der BVG sind emissionsfreie Elektrobusse, die mit Brennstoffzellen betrieben werden.
Dem BVG-Votum für Rußfilter war eine Entscheidung gegen mit Erdgas betriebene Busse vorausgegangen, die „zum Teil heftig kritisiert“ wurde, räumte vom Walde ein. Seit 1995 hatte sich die BVG an einem dreijährigen EU-Vorhaben beteiligt und zehn Erdgasbusse im Linienverkehr getestet. Doch die BVG entschied sich gegen die Erdgasvariante: Die Busse seien nicht nur in der Anschaffung rund 20 Prozent teurer als Dieselfahrzeuge, so BVG-Sprecher Klaus Watzlak, sondern auch die Betriebskosten höher: Es müsste ein eigenes Tankstellennetz für die erdgasbetriebenen Busse aufgebaut werden, die zudem eine kleinere Reichweite haben und daher viel häufiger tanken müssen.
CRT oder Erdgas? Sicher ist, dass im Moloch Berlin die EU-Richtlinien für Schadstoffkonzentrationen bisher noch häufig überschritten werden: Nach Messungen des Verkehrssenats werden auch in diesem Jahr die Grenzwerte für die besonders gesundheitsgefährdenden Rußemissionen in der Hälfte von 27 untersuchten Hauptverkehrsstraßen deutlich überschritten. Auch wenn neue Stadtbusse mit Rußfiltern ausgerüstet werden, sei das Gesundheitsrisiko „erheblich höher“ als mit einem vergleichbaren Erdgasfahrzeug, betonte Manfred Breitenkamp vom Umweltsenat auf dem BVG-Kongress.
Auch die Bündnisgrünen werten die Nachrüstung der Busse mit Rußfiltern als „guten Schritt“, der allerdings nicht ausreichend sei, so der Hartwig Berger von den Bündnisgrünen. Wie eine vom Umweltbundesamt im August vorgestellte Studie zeige, werde das Krebsrisiko bei neuen Dieselfahrzeugen mit Rußfiltern zwar erheblich verringert, sei aber immer noch doppelt so hoch wie bei Benzinern mit Katalysator. Der Dieselruß ist das „Asbestproblem der Gegenwart“ , so Berger, weshalb die BVG mittelfristig auf Erdgasbusse umsteigen sollte. Das Problem sei nur, dass diese noch nicht in Serie hergestellt und deshalb teurer seien. Doch wenn mit der BVG das größte Verkehrsunternehmen in Deutschland einen entsprechenden Großauftrag vergebe, hätte das Signalwirkung. Daher müsse der Senat in dieser Frage mehr Druck auf die BVG ausüben, fordert Berger. Doch in dem derzeit zwischen dem Land Berlin und der BVG verhandelten Unternehmensvertrag, der die Zukunft der krisengeschüttelten Berliner Verkehrsbetriebe sichern soll, wird das Problem erst gar nicht thematisiert. Ole Schulz
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