piwik no script img

Abrissbirne zieht Leine

■  SPD-Senator Strieder rettet Denkmalschutz für Studentendorf Schlachtensee – und vermasselt seinem CDU-Kollegen Radunski die Finanzierung der Berlinischen Galerie

Schlecht für die Kunst, gut für die Studenten: Der Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder (SPD), hat gestern im Senat den Denkmalschutz für das Studentendorf Schlachtensee verteidigt – und damit das Finanzierungskonzept für das neue Domizil der Berlinischen Galerie zu Fall gebracht, das Kultur- und Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) ersonnen hatte.

Radunski wollte das Studentendorf dem Investor Realprojekt als Bauland überlassen. Im Gegenzug will Realprojekt die Keller der ehemaligen Kreuzberger Schultheiss-Brauerei für die Galerie herrichten. Von den Gesamtkosten in Höhe von 24 Millionen Mark sollte das Grundstück in Schlachtensee nach dem letzten Stand der Verhandlungen 18 Millionen Mark erbringen. Das wäre aber nur möglich, wenn Realprojekt einen Großteil der denkmalgeschützten Wohnheimbauten aus den 50er-Jahren abreißen dürfte. Dann bliebe nur ein Kernbereich mit fünf Häusern erhalten.

Strieder beharrte aber darauf, dass von den mehr als zwanzig Gebäuden mindestens zehn erhalten bleiben. „Damit ist das Grundstück keine 18 Millionen Mark mehr wert“, sagte Realprojekt-Sprecher Willo Göpel gestern, „wir werden das Areal unter diesen Bedingungen nicht kaufen“. Damit gebe es „keine Kofinanzierung für das Museum“.

Göpel kritisierte auch das Vorgehen des Senats, der einen bereits beurkundeten Vertrag ohne Rücksprache mit dem Investor wieder in Frage stelle. „Mit uns ist zu keinem Zeitpunkt darüber gesprochen worden“, sagte der Realprojekt-Sprecher. Er räumte allerdings ein, dass der Vertrag unter dem Vorbehalt der Zustimmung von Senat und Abgeordnetenhaus stehe. Bei einem völligen Abriss des Studentendorfs wäre das Grundstück nach Göpels Angaben rund 30 Millionen Mark wert, bei einem vollständigen Erhalt hingegen „weniger als null Mark“.

Die Studentenvertreter bezweifeln jedoch die Berechnungen des Investors. Sie berufen sich auf Berechnungen, die einen Wert von mehr als 50 Millionen Mark für ein unbebautes Grundstück ergeben. Ein Sprecher forderte die Mitglieder des parlamentarischen Haushaltsausschusses auf, das Geschäft auf ihrer heutigen Sitzung nicht zu billigen.

Senatssprecher Micheal-Andreas Butz bezeichnete den gestrigen Kabinettsbeschluss dagegen als „optimale Lösung“. Der Investor könne „ein sehr attraktives Gelände erwerben“, zugleich blieben „wesentliche Teile“ des Studentendorfs erhalten. Ralph Bollmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen