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taz-LeserInnen-Aktion

■ Wir haben euch unsere Stimme nur geliehen

Nach einem Jahr Rot-Grün fragen wir: Was halten Sie heute von unserer Regierung? Geben Sie Ihre Stimme noch einmal ab. Kurze Antworten an die taz, Stichwort Rot-Grün, Kochstr. 18, 10969 Berlin; Fax: (030) 251 93 16; E-Mail: lesertaz.de

Ich habe zwar „kein Wahlrecht“, da ich Österreicher bin, hätte aber sicherlich Grün gewählt. Nun meine Antwort ...

schreibt Peter Klinger aus Kassel auf die Rückseite einer roten Karte – mit Bitte um Weiterleitung an „Herrn Fischer, Herrn Schröder, Herrn Trittin“.

Seit 1983 (ich war damals 9) wusste ich: Ich warte auf diesen Regierungswechsel. Unterwegs hab ich irgendwann (Neumünster 1992) geahnt, dass es doch nicht das höchste der Gefühle werden würde. Und trotz allem hatte ich gehofft, der Wechsel würde etwas ändern... „Nur ein Jahr reicht nicht, um 16 Jahre Mist auszugleichen“, höre ich. Und deshalb muss man / frau Angriffskriege führen? Mit der Atomindustrie paktieren? Wo sind denn die kleinen Anfänge des Neuen, Besseren? Ich habe meine politische Perspektive für mein Leben verloren; was für ein Wechsel sollte denn noch kommen? Okay, Schröder ist wenigstens nicht schlimmer als Kohl, Gleiches gilt für Schily/Kanther und Fischer/Kinkel. Aber da ist kein Licht am Horizont.

Die Postkarte von Georg Litty aus Unterjesingen zeigt eine bizarre Ruinenlandschaft: „Verlassenes Dorf auf Tinos“.

Vor einem Jahr habe ich als Erstwähler Rot-Grün meine Stimme gegeben, weil ich mir einbildete, somit einer neuen, aufgeschlossenen Regierungskoalition an die Macht zu helfen, die mir meine ernstliche Angst vor einer schwarzen Zukunft nehmen würde. Die Realität: Erstens scheint mir die nähere Zukunft nunmehr dunkelschwarz zu werden, wenn sich die Herren in Berlin auch weiterhin als derart machtgeil und unfähig erweisen. Zweitens hat sich für mich nun endgültig gezeigt, dass die Grünen eine reine Oppositionspartei sind, die in einer Regierung leider nichts verloren hat. Ständig reden diese Möchtegern-Volksvertreter davon, dass es keine Alternative gebe. Ich habe, für mich, durchaus eine vernünftige Alternative; die liegt jedoch weit links von den neuen, den konservativen Grünen und ist noch wahre Opposition!

Tullio Richter-Hansen, Wiesbaden

Auch heute noch wähle ich Grün, weil: Viel ist getan Mehr bleibt zu tun Sprach der Wasserhahn zum Wasserhuhn Patre Schulz, Frankfurt am Main

Ich werde das nächste Mal einen Würfel zur Wahl nehmen und eine der linken oder liberalen Parteien auswürfeln, aber auch nur, um gegen rechts zu wählen. Politik ist noch nie und nirgendwo so uninteressant gewesen, und noch nie hat Politik in Deutschland so wenig bewegt, wenn sie nicht sogar Deutschland schadet. Sie ist idealer Nährboden faschistischer Ideologien, rechte Gruppierungen nutzen die Situation aus.

Jan Cassalette, Bremen

Die Frage, die sich stellt, ist die nach der Alternative. Was wäre denn passiert, wenn der Dicke Kanzler geblieben wäre? Auf jeden Fall wäre die Mehrwertsteuer bereits erhöht! Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wäre bei 80 Prozent, für Otto Normalverdiener eine Existenzfrage! Sicher wären auch die Mitbestimmung und der Kündigungsschutz weiter beschnitten worden. Die Reichen hätten auf keinen Fall mehr abzugeben, dafür hätte schon der kleine Partner gesorgt. Die Nettozuschläge für erschwerte Arbeitsbedingungen wären inzwischen steuerpflichtig oder sogar ganz abgeschafft! Die Konzerne würden keinen Deut weniger hofiert. Wir würden noch mehr an Europa zahlen, damit sich Birne sein Denkmal setzen könnte.

Thomas Hölzel, Edermünde

Dass es mit Schröder und Fischer keine politische Wende geben würde, war von vornherein klar. Dennoch habe ich für die amtierende Koalition gestimmt, weil ich mir zumindest eine gerechtere Sozialpolitik und einen humaneren Umgang mit asylsuchenden Menschen erhofft hatte. Beide Wünsche sind nicht in Erfüllung gegangen. Von den finanziellen „Wohltaten“, die Rot-Grün zu Beginn der Legislaturperiode über das Wahlvolk ausgeschüttet hat, profitieren die am unteren Ende der Einkommenskala überhaupt nicht. AsylbewerberInnen werden von Staats wegen unter Schily nicht besser behandelt als unter Kanther. Spätestens seit Fischer uns wissen ließ, dass er keine grüne Außenpolitik zu machen gedenke, sollte auch der/die letzte Gutgläubige begriffen haben, dass es mit einem Politikwechsel unter dieser rot-grünen Regierung nichts wird.

Uwe Tünnermann, Lemgo

Aus der Sicht auch von Gefangenen hat Rot-Grün gar nichts bewegt, allenfalls tönt Schily wie ein konservativer Law-and-Order-Vertreter. Seit speziell die Grünen in der Regierungsverantwortung stehen, sieht man sie korrumpiert, es geht um Posten und Pöstchen, ein narzisstischer Joseph Fischer lässt einen Farbbeutelwerfer von den Polizeibehörden verfolgen, die er früher selbst bekämpft hat, und seinen rotbefleckten Anzug lässt er im Haus der deutschen Geschichte ausstellen! Grauenvoll.

Th. Meyer-Falk, Bruchsal

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