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Die Deutschen verzichten: auf den „autofreien Tag“

■ Erst im nächsten Jahr sollen Städte „natürliche Mobilität“ ausprobieren

Nächstes Jahr will sich auch Deutschland am „autofreien Tag“ beteiligen, der europaweit am 22. September stattfinden soll. Vor kurzem hat die Europäische Union die Finanzierung einer Koordinationsstelle zugesagt. Die hat die Aufgabe, die Planung in den Teilnehmerländern aufeinander abzustimmen. Für Deutschland, Dänemark, Österreich und die Niederlande ist das „Klimabündnis“ an der Planung beteiligt.

Dieses Jahr verzichtete man hier zu Lande auf einen „autofreienTag“, wie ihn Kommunen in Frankreich, Italien und der Schweiz gestern propagiert haben. Als Grund nennt Ulrike Janssen vom Klimabündnis den „Mobil ohne Auto“ (MOA)-Tag, der bundesweit bereits am 20. Juni stattgefunden habe. Zwar wurden zu diesem Anlass in einigen Städten Straßen gesperrt – etwa in Heidelberg oder am Bodensee, wo man einen Tag „natürlich mobil“ sein wollte. Trotzdem dürften vielerorts die Menschen wenig bis gar nichts von diesem „autofreien Tag“ mitbekommen haben. „Der MOA ist schon seit ein paar Jahren klinisch tot“, urteilt Benno Koch, Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC).

„Im Vordergrund des MOA steht der Freizeitgedanke“, betont Janssen. Bezeichnenderweise lag der „autofreie Tag“ seit seiner Einführung 1981 immer auf einem Sonntag – dem Tag, an dem Autofahrer am ehesten ihr Fahrzeug in der Garage stehen lassen. Denn die häufig vorgebrachten Argumente für den Pkw „Ich brauche ihn zum Einkaufen“ und „Ich muss mit ihm zur Arbeit fahren“ treffen für den Sonntag nicht zu.

Der für nächstes Jahr geplante „autofreie Tag“ jedoch soll an die Autofahrer appellieren, alternative Beförderungsmittel zu prüfen. „Deshalb hat man sich ganz bewusst für einen Wochentag entschieden“, erklärt Jannsen. Neu sei auch, dass der europaweite „autofreie Tag“ 2000 nicht, wie bislang der MOA, nur von Verbänden und Initiativen getragen werde. „Wir von der Koordinationsstelle werden uns direkt an die Kommunen wenden. Die sollen dann dafür sorgen, dass zumindest die eine oder andere stark befahrene Straße einen Freitag lang für den Autoverkehr gesperrt bleibt“, so Janssen. Geplant sei auch, am 22. September 2000 Messungen zu Luft- und Lärmbelastung durchzuführen und die Ergebnisse mit denen eines „normalen“ Tages zu vergleichen.

Obwohl der ADFC die Initiative begrüßt, fürchtet Koch: „Ohne Restriktionen verzichten die wenigsten Leute auf ihr Auto, das hat die Erfahrung gezeigt.“ Alternativ könnten die Städte ihren Bewohnern aber auch Anreize bieten: ein kostenloser Fahrradverleih – wie in Paris– oder einen Tag lang Sondertarife bei den städtischen Verkehrsbetrieben.

Katharina Koufen

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