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Der Böse

Sympathy for the Devil: eine kleine Werkschau von Dennis Hopper im B-Movie  ■ Von Sven von Reden

Ein voller Aschenbecher in Großaufnahme. Mit einem Zigarettenstummel wischt eine Hand den Boden der Schale frei. Nach und nach erkennt man auf dem Grund ein Porträt von Dennis Hopper. So beginnt Roland Klicks White Star von 1985. Hopper spielt darin Kenneth Barlow, einen abgehalfterten Musik-Manager, der nur noch von dem Gerücht lebt, in den 60ern die Rolling Stones gemanagt zu haben. Doch Barlow will es noch einmal wissen: Mit allen legalen und illegalen Mitteln versucht er, einen ziemlich unbedarften Musiker zum Star zu machen.

Als Barlow wie Phönix aus der Zigarettenasche erscheint, kennen wir seine Geschichte noch nicht. Die Wiederauferstehungs-Metapher bezieht man somit zunächst auf Hopper. Klick stiftet Verwirrung, indem er die Linie zwischen Darsteller und Rolle verwischt. Er spielt mehrfach in White Star mit Andeutungen auf Hoppers Biografie und dessen Image als Schauspieler, bei dem nur schwer eine Grenze zwischen Leben und Kunst gezogen werde kann. Der Phönix gilt ja auch als Christussymbol, und bei wem gab es eine größere Kongruenz zwischen Leben und Werk als bei Jesus.

Als White Star entstand, befand sich Hopper gerade auf dem Tiefpunkt seiner Karriere. In Amerika bekam er schon seit den frühen 70ern kaum mehr Rollen angeboten. Stattdessen arbeitete er in Aus-tralien, Spanien, Frankreich und Deutschland, wo sein verblassender Starruhm noch mehr wog als die Furcht der Produzenten vor chaotischen Dreharbeiten und seinen Drogeneskapaden. Früh eckte Hopper in Hollywood an. Sein intuitiver und stark improvisierender Arbeitsstil führte dauernd zu Auseinandersetzungen, so dass er schon in den späten 50er Jahren nur noch Rollen in B-Filmen angeboten bekam, meist als krimineller Anführer jugendlicher Motorradbanden.

In The Trip (1967) von Exploitation-König Roger Corman, nach einem Drehbuch von Jack Nicholson, spielt Hopper erstmals einen Hippie und mal nicht den Bösewicht. Der Vorspann kündigt The Trip als Aufklärungsfilm über die Gefahren von LSD an. Doch der Film preist eher die Reize des Verbotenen als zu warnen. Bis heute ist er daher in England nicht freigegeben. Fast die gesamte Länge des Films nimmt der psychedelische Selbsterfahrungstrip eines von Peter Fonda gespielten Werbefilmers ein. Hopper mimt zwar einen Dealer, fungiert aber nicht als Schurke, sondern als eine Art Ankläger im Namen der Werte der Gegenkultur (Liebe, Integrität, Ehrlichkeit), die Fonda nicht zuletzt durch seine Berufswahl verraten hat. The Trip war kein großer Kassenerfolg, wurde aber wegen seiner farbenfroh durchgeknallten Umsetzung der LSD-Halluzinationen und ambivalenten Haltung gegenüber der Droge zum Kultfilm für alle Acid-Heads.

Zwei Jahre später arbeiteten Hopper, Fonda und Nicholson erneut zusammen an einem Film, diesmal unter der Regie von Hopper, der auch maßgeblich am Drehbuch beteiligt war. Produziert wurde der Film von einer kleinen unabhängigen Firma. Man wollte sich nicht von Studiobossen reinreden lassen, die bei The Trip das ursprünglich vorgesehene Ende modifizierten. Easy Rider wurde zu einem der erfolgreichsten Filme der 60er Jahre. Doch was als vielversprechender Neubeginn für Hopper erschien, endete bereits mit seinem nächsten Film The Last Movie (1971), der als selbstverliebt und strukturlos bei Kritikern und Publikum durchfiel.

In den nächsten 17 Jahren gelang es ihm nur ein eigenes Filmprojekt (in Kanada) zu realisieren: Out Of The Blue (1979) ist wahrscheinlich der nihilistischste Film seiner an deprimierenden Geschichten nicht gerade armen Karriere. Cebe, seine pubertierende Heldin, liebt Elvis und Punk und hasst Hippies. Hopper spielt ihren Vater, einen Ex-Trucker, der nach einem Gefängnisaufenthalt versucht, ein neues Leben zu beginnen.

Doch wie auch Kenneth Barlow in White Star wird er scheitern. In beiden Filmen verkörpert Hopper beeindruckend ambivalente Loser-Typen, die ihre Schwäche hinter Gewalt- und Temperamentsausbrüchen verstecken und ebenso verängstigt wie rücksichtslos ums Überleben kämpfen, die aber ebenso zu Momenten echter Anteilnahme fähig sind. Am Ende wird Barnes sterben und Barlow versinkt wieder in der Asche, aus der er erschien. Dem Schauspieler Dennis Hopper dagegen gelingt nur ein Jahr nach White Star durch seine Leistung in David Lynchs Blue Velvet die Wiederauferstehung – wohl nicht zuletzt durch seine Rückkehr zu einer eindeutigeren Personifizierung des Bösen.

The Trip: Do, 30. September + Sa, 2. + So, 3. Oktober Out Of The Blue: Do, 7. + Sa, 9. + So, 10. White Star: Do, 14. + Sa ,16. + So, 17. Blue Velvet: Do, 21. + Sa, 23. + So, 24. , alle 20.30 Uhr, B-Movie

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