:
Es stinkt ■ Flughafenaffäre befleckt journalistisches Ethos
Es ist wie das Stochern in einem Misthaufen. Ab und zu scheint man auf etwas zu stoßen – aber ob da wirklich etwas ist und vor allem was, das bleibt unklar. Schon jetzt ist deutlich: Die Privatisierung der Flughäfen stinkt seit Beginn des Verfahrens zum Himmel. Und nun fangen auch noch Journalisten an, strengen Geruch zu verbreiten.
Ein Hörfunkredakteur des Sender Freies Berlin hat einen Beratervertrag mit dem Konsortium um denssener Baukonzern Hochtief abgeschlossen. Hochtief will den Flughafen bauen. Der Journalist hat im SFB die Bereiche Politik und Wirtschaft bearbeitet. Hochtief sagt, solche Verträge seien üblich. Die Berichterstattung sei davon nicht beieinflusst worden.
Doch um das für wahr zu nehmen, bedarf es schon großer Naivität. Es ist kaum vorstellbar, dass der Journalist den Konzern nur etwa über die Farbe von Pressemappen beriet und sich in seinem Hauptberuf nie um den Flughafenneubau kümmerte – immerhin das größte Infrastrukturprojekt der Berliner Politik und Wirtschaft.
Verstärkt wird der böse Verdacht der Bestechung dadurch, dass von mehreren unabhängigen Seiten immer wieder dieselben, wenn auch nicht belegten Informationen kommen: dass Hochtief noch andere Journalisten auf seinem Gehaltszettel habe, ja bei dem zwielichtigen ehemaligen Flughafenberater Herbert Märtin sogar Kontoauszüge von Zahlungen an sie gefunden worden seien.
Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) hatte schon vor zwei Wochen die Notbremse gezogen: Für ihn sei klar, dass das Konsortium um Hochtief aus dem weiteren Wettbewerb um das Milliardenprojekt wegen vieler Verstöße gegen die Vergabekriterien ausgeschlossen werden müsse. Aber die Entscheidung wurde vertagt – offensichtlich wollte die Große Koalition erst die Ergebnisse der Wahlen abwarten. Doch egal, wie sie ausgehen: Nach den neuesten Enthüllungen ist der Abschied von Hochtief unumgänglich.
Der Schaden, den der ganze Mist angerichtet hat, ist schon jetzt beträchtlich. Das Misstrauen gegenüber den Spitzenpolitikern ist gestiegen, das in die Wirtschaft ebenso. Ein Lehrstück ist die Affäre immerhin: für schlechte Praktiken im Journalismus. Philipp Gessler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen