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Terrorakte gegen Staatsbürgerschaft

■ Islamistischer Terrorist soll von Bosnien aus operiert haben

Wien (taz) – Die Anschuldigungen sind nicht neu: Bosnien ist Tummelplatz einiger tausend arabischer Mudschahedin und fanatischer Islamisten. Dieser Vorwurf wurde während des Bosnienkrieges 1992 bis 1995 erhoben und bot serbischen Freischärlern und kroatischen Fanatikern den Vorwand, ihren angeblichen „Verteidigungskampf“ gegen die „muslimische Vorherrschaft“ zu begründen. Fast vier Jahre nach Kriegsende haben die Bosnier nun allen Grund zu fragen, ob manche der Anschuldigung berechtigt waren.

Seit einer Woche gibt es in Sarajevo keine Zweifel mehr, dass kein Geringerer als Mehrez Amdouni, zeitweilig Vize des gesuchten islamischen Terroristen Ussama Bin Laden, während des Krieges in Bosnien kämpfte und von dort Terrorakte gegen westliche Institutionen ausheckte.

Der Truppe um den religösen Eiferer Bin Laden aus Saudi-Arabien, auf den die USA ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar ausgesetzt haben, werden unter anderem die Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im August 1998 angelastet, bei denen 263 Menschen starben. Bin Ladens Kampffreund Amdouni war von Mai 1993 bis Mai 1995 Mitglied der legendären 800 Mann starken bosnischen Eliteeinheit „Schwarze Schwäne“. Für seine Verdienste wurde ihm nachträglich die bosnische Staatsbürgerschaft verliehen. Wie es dazu kam – darüber schweigt sich das offizielle Sarajevo bislang aus.

Jedenfalls bekam der gebürtige Tunesier einem Pass ausgestellt auf die Nummer 0801888. Mit diesem Dokument, und nicht mit seinen gefälschten arabischen Pässen auf den Namen Tusco Fabio oder Hassan abu Tahla, sollte der Terrorist zwischen Afghanistan, dem Nahen Osten und Bosnien pendeln. In wessen Auftrag ist unklar.

Mysteriös ist zudem, dass Name und Passnummer des Neu-Bosniers schon kurze Zeit später auf der internationalen Liste von Interpol standen, die Audumi wegen mehrerer Anschläge weltweit suchen ließ. Selbst die Beteiligung an den Anschlägen auf die US-Botschaften schließt Interpol nicht aus. Zuletzt soll Audumi bei der Ausbildung der Taliban in Afghanistan mitgewirkt haben. Seit dem 17. September sitzt er in der Türkei ein. Sein bosnischer Pass wurde ihm bei einem Flug von Bukarest nach Istanbul zum Verhängnis. Am Abfertigungsschalter warteten Interpolbeamte, um den Terroristen festzunehmen.

Über all diese Verfälle erfahren die Bosnier bislang nur über türkische Presseveröffentlichungen, die einige kritische Zeitungen in Sarajevo übernehmen. Eigene Recherchen wagen die Journalisten nicht. Das sei ein zu heißes Eisen, sagen etwa die Redakteure von Dani, jenem Wochenmagazin, das in den vergangenen Jahren als einziges Printmedium ausführlich über Mudschahedin-Siedlungen in der Region Zenica berichtet und über die schleichende Islamisierung in abgelegenen Bergtälern Bosniens. Nach Informationen von Dani sollen noch etwa 200 Araber von einst 2.000 Mudschahedin im Lande leben, meist verheiratet mit Bosnierinnen. Ob auch Amdouni verheiratet ist und welche Kontakt er mit den arabischen Emigranten pflegt, konnte Dani nicht in Erfahrung bringen.

Zumindest nach den Angaben von Dani sind jene Araber, die in Bosnien eine neue Heimat fanden, „harmlose Träumer“. Meist als Holzfäller und Erntehelfer würden sie bei einheimischen Bauern Gelegenheitsarbeiten annehmen, ansonsten lebten sie zurückgezogen nach den Lehren des Islam in kleinen Landweilern. Ein solcher Lebensstil ist bei Amdouni kaum zu vermuten, und wo er sich in den vergangenen Jahren aufhielt, bleibt vorerst ein Geheimnis. In Zenica will ihn niemand gekannt haben, selbst ehemalige Kämpfer der „Schwarzen Schwäne“ hüllen sich in Schweigen.

Die bosnische Regierung ihrerseits dementierte lange alle türkischen Presseberichte. Als diese immer detaillierter wurden, gestand Sarajevo die Fakten. Doch von einer vollständigen Aufklärung will man nichts wissen, die Forderungen oppositioneller Parteien, im Fall Amdouni einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen, werden zurückgewiesen.

Selbst Vertreter von Nato, OSZE und UNO halten sich bedeckt. Auch der Österreicher Wolfgang Petritsch in seiner Funktion als Hoher Repräsentant der internationalen Staatengemeinschaft in Bosnien, hüllt sich bei der Frage, in wieweit arabische Fundamentalisten die junge Balkanrepublik als eine Rückzugsbasis für ihre Terroraktionen benutzen, in Schweigen.

Serbische und kroatische Zeitungen dagegen fühlen sich in ihren alten Verschwörungstheorien bestätigt: Über 2.000 Mudschahedin leben noch in Zentralbosnien, behaupten die Blätter, von der Nato geduldet, von US-Agenten beobachtet und je nach Gutdünken für Terroraktionen eingesetzt, um gewisse Länder zu destabilisieren oder politische Ereignisse zu manipulieren.

Karl Gersuny

Hinweis:Eigene Recherchen wagen die Journalisten nicht. Das sei ein zu heißes Eisen, sagen etwa die Redakteure von Dani

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