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■ Der Buntfußball hilft bei der Resozialisierung

Beim Vorbereitungsgespräch für die Ligateilnahme im Frühjahr hatten Knastleitung und Liga-Organisatoren die Reizthemen schnell durch: Was, wenn Frauen mitspielen, wie bei manchen Buntligisten üblich? „Ach, das wird keine Gefahr fürs sittliche Wohl“, meinte Direktor Hartmut Fröhlich. „Wir müssen darauf pochen, dass wir nur Heimspiele haben, aus gegebenen Gründen.“ Vorteil seiner Elf: „Wir haben kein Problem, die Leute zusammenzutrommeln.“ Und was ist mit der Sonderregel Einrollen statt Einwerfen nach dem Liga-Motto: „Auch falscher Einwurf ist richtig“? Der Sportbeamte Achim Schmitz hatte etwas irritiert geguckt: „Da versuchen wir den Jungs gerade Disziplin beizubringen. Na ja, ist wohl einiges gewöhnungsbedürftig bei Ihnen.“ Lachen setzte es für die Mitteilung, dass im Bunte-Liga-Büro schon vereinzelt Anrufe eingegangen seien: „Besteht die Gefahr der Geiselnahme? Ist ein Knastbesuch gefährlich?“ Was die Leute nur denken über die Knastwelt, sagt Fröhlich.

Die Bunte Liga Aachen, selbst verwaltet, DFB-fern und funktionärsfrei, in der jetzt 18. Saison mit 63 Teams, die Partisan Eifelstraße heißen und Männerträume, Lazio Koma oder schlicht Deutschland („Damit jeder mal die Chance hat, Deutschland zu schlagen“). Furore machte man 1992, als Papst Wojtyla in die Ehrenmitgliedschaft einwilligte.

Villa Kunterbunt ist, soweit bekannt, die einzige Knastmannschaft bundesweit, die am regelmäßigen Spielbetrieb einer Liga außerhalb der Gefängnistore teilnimmt. Die Liga hatte das angeleiert. Probleme gab es bislang nicht. Und: Die Kunterbunten sind richtig gut und Tabellenerster nach der Vorrunde. Wenn sie ins Finale kommen, müssen die Liga-Statuten geändert werden, die Endspiele auf neutralem Platz vorsehen.

JVA-Chef Fröhlich sagt: „Das Verhalten beim Sport, Teamgeist, Engagement und Rücksicht, kurz: soziale Fähigkeiten können durchaus in die Beurteilung eines Gefangenen eingehen und sich positiv niederschlagen.“ Kontakte nach außen hülfen bei der Resozialisierung. Und nichts sei für die sportiven Knackis schlimmer, erzählt ein Beamter, als vom Fußball ausgeschlossen zu werden. -müll-

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