: Wo der große Bhagwan den Zusammenbruch der DDR prophezeite
Sheela war auch schon dabei, als sich Mohan Chandra Raineesh noch Bhagwan nennen ließ. Bhagwan wurde ihm als Name und Überschrift und Titel langweilig, jetzt heißt der Bärtige schlicht Osho. In Poona, Indien, Wallfahrtsort für viele Späthippies, wurde die Fluchtwelle aus der Arbeiterundbauernrepublik mit wachem Interesse verfolgt.
Schon seit Tagen hatten die JüngerInnen Geistesblitze von Osho erlebt. Drei Jahren sind sie und Osho wieder in Poona. Die USA wollten sie nicht mehr haben. Aber egal, in Oregon gab es eh zu viele Bäume, und erst der ständige Regen, der machte mürbe auf dem Weg zur Erleuchtung.
Es war Mittag an diesem 9. November 1989, und Sheela bemerkte, wie sich bei Osho innerlich etwas zusammenbraute. Er rief sie zu sich, um etwas zu diktieren.
Sheela nahm an der Schreibmaschine Platz. „Wenn die gegenwärtige Situation weiter anhält, wird die DDR bald völlig leer sein“, nuschelt der Guru prophetisch. Sheela blickte kurz hinüber und wusste, der Bärtige hat wieder eine seiner bekannten wie berühmten Eingebungen, und sie durfte dabei sein.
„Meine Jünger sind bereit das Vakuum zu füllen; eine entvölkerte DDR könnte zur neuen internationalen Gemeinde für Anhänger der erleuchteten mystischen Osho werden“, tippt sie in die Schreibmaschine. Der Swami überlegt kurz, dann diktiert er weiter: „Die DDR-Führung hat zwei Möglichkeiten; sich mit der Bundesrepublik zu vereinigen oder ein neues Experiment zu wagen, die Verbindung des Kommunismus mit der Meditation.“
Sheela ist begeistert, nach Deutschland reisen wollte sie schon immer mal. Und tatsächlich. Osho, der Weise, hatte wieder Recht gehabt. Am selben Abend sieht sie im Fernsehen, wie die Mauer fällt. Vielleicht würden sie ja bald umziehen. Bernd Dörries
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