: Man muss flexibel sein“
■ Telekom-Sportchef Walter Godefroot erklärt, warum früher alles anders war, man nicht immer Marathon laufen kann und der Giro noch warten muss
taz: Ist der Saisonverlauf nicht dahingehend ein Glücksfall für das Team Telekom, als die Fixierung auf die Tour de France aufgebrochen wird?
Walter Godefroot: Deutschland ist nun mal eine Fußball-, keine Radsportnation. Aber jetzt ist doch mehr Interesse da, nicht nur für die Tour, sondern auch für Paris – Roubaix oder Mailand – San Remo. Es ist wichtig, dass es in die Breite geht. Der Sieg von Jan bei der Vuelta und das Interesse daran war ein Anfang.
Hat das Team in der Breite überhaupt schon die Klasse, um konstant vorn mitzufahren?
Nein. Im Radsport erwartet man zu viel. Die Generation eines Mercks musste alles fahren. Aber das waren andere Zeiten. Heute gibt es verschiedene Höhepunkte, wie bei einem Marathonläufer. Aber von einem Radfahrer erwartet man, dass er jede Woche einen Marathon läuft. Und das geht nicht, wenn man Leistung bringen will. Es geht also um Höhepunkte, und auch im nächsten Jahr werden wir unseren Höhepunkt auf die Tour de France legen.
Könnte ein gesunder Jan Ullrich mit entsprechender Unterstützung nicht zwei große Rundfahrten fahren?
Da wäre eine Möglichkeit. Man muss flexibel sein. Wenn Jan nicht die Tour fahren kann, o.k. Deshalb sind wir die Vuelta gefahren. Aber wir haben nicht gedacht, dass Jan dort so super fahren würde.
Müsste eine Mannschaft mit dem Renomee von Telekom und mit – nach der Verpflichtung von Gian Matteo Gagnini – nun vier italienischen Fahrern nicht auch den Giro d'Italia fahren?
Ich denke, im nächsten Jahr noch nicht. Der Giro kollidiert mit Friedensfahrt und Deutschland-Tour, das ist schwierig. Wir können ja auch nicht einfach so mitfahren. Man erwartet immer Leistung. Mannschaften wie Lotto sind die Vuelta gefahren und haben gar nichts erreicht. Nur, keiner redet darüber. Wenn ein Olano bei Mailand – San Remo aussteigt, macht sich niemand Gedanken. Wenn Jan das macht, reden alle darüber. Darum müssen wir vorsichtig sein und haben gesagt: den Giro noch nicht. Wir wissen ja auch noch nicht, ob es mit Fahrern wie Riis, Heppner und Henn überhaupt weitergeht. Und mit den jungen Fahrern gleich den Giro fahren ist auch unsinnig. Wir haben nächstes Jahr ein Übergangsjahr, und dann müssen wir schauen, was wir 2001 machen. Interview: Jörg Feyer
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