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American PieAuf Sonne folgt Regen

■ In der NFL geht es drunter und drüber

Them good ol' boys were drinkin whiskey and rye

In der National Football League (NFL) ist nichts mehr, wie es einmal war. Die bislang Mediokren siegen, vermeintlich Unschlagbare finden sich im Tabellenkeller wieder, und die beiden Teams, die im letzten Januar in der Super Bowl den Titel ausspielten, warten immer noch auf ihren ersten Sieg.

Die neue Saison ist vier Wochen alt, und die vier Halbfinalisten des letzten Jahres, allesamt auch heuer wieder zumindest als Mitfavoriten eingestuft, haben insgesamt nur drei Siege auf dem Konto, aber schon 13 Niederlagen. In der ganzen regulären Saison 1998 hatten die Denver Broncos, Atlanta Falcons, Minnesota Vikings und New York Jets zusammen weniger Partien verloren: neun, um exakt zu sein.

An den Tabellenspitzen der einzelnen Divisions, in die die NFL eingeteilt ist, finden sich dafür Teams, von denen das niemand erwartet hätte. Noch ungeschlagen sind die eigentlich als überaltert eingeschätzten Dallas Cowboys. Ja sogar die St. Louis Rams, das zweitschlechteste Team der 90er, haben noch nicht verloren.

Warum es in der NFL drüber und drunter geht, lässt sich am besten an den ebenfalls noch ungeschlagenen New England Patriots illustrieren: Durch das Salary Cap, die für alle Teams gleich hohe Gehaltsobergrenze, ist die Liga so ausgeglichen wie nie zuvor in ihrer bald 80-jährigen Geschichte. So kann es dazu kommen, dass die Patriots zwar bisher wenig überzeugten, aber dank Dusel und Quarterback Drew Bledsoe alle vier bisherigen Spiele gewannen. Manchmal macht nur ein verletzter Schlüsselspieler oder ein guter Draftpick den Unterschied. Wie im letzten Jahr, als Minnesota Wide Receiver Randy Moss aus dem College holte. Der galt zwar als extrem talentiert, aber wegen diverser Konflikte mit dem Gesetz auch als potenzieller Unruheherd. Die Vikings verloren nur ein Spiel, brachen alle verfügbaren Offensivrekorde und Moss wurde Rookie des Jahres. Zum sonntäglichen 21:14-Sieg der Vikings gegen die Tampa Bay Buccaneers steuerte der 22-Jährige zwar zwei Touchdowns bei, musste aber feststellen, dass „uns immer noch das Feuer fehlt“. Minnesota hatte sämtliche Punkte im ersten Viertel erzielt, danach ging nichts mehr.

Die Vikings haben immerhin noch eine ausgeglichene Bilanz. Ganz böse erwischt hat es dagegen den Super-Bowl-Champion. Die Denver Broncos hatten eigentlich fest vor, als erstes Team in der NFL-Geschichte dreimal hintereinander Meister zu werden. Dass Quarterback-Legende John Elway nach seinem zweiten Titel zurücktrat, war erwartet worden, aber dass die Broncos nach vier Spielen immer noch auf einen Sieg warten, bestimmt nicht.

Das Problem ist überraschenderweise aber weniger das Pass- als vielmehr das Laufspiel. Mit ihm hatte Denver seine Gegner dominiert, und Terrell Davis wurde 1998 erst der vierte Running Back in der NFL-Geschichte, der mehr als 2.000 Yards in einer Saison erlief. Dafür wurde er in der letzten Spielzeit zum besten Spieler der ganzen Liga gewählt. In diesem Jahr war er bislang, für seine Verhältnisse, wie ein Spaziergänger unterwegs.

Am Sonntag rissen zu allem Überfluss auch noch die Kreuzbänder in Davis' rechtem Knie. Er wird diese Saison bestimmt nicht mehr auflaufen. Richtig froh machte das nicht einmal Derek Loville, der nun für Davis einspringen darf – oder muss. „Wenn es regnet“, sagte der Ersatzmann, nachdem er von der Verletzung gehört hatte, „dann schifft es auch gleich richtig.“ Und jetzt kommt der Herbst. Das Wetter wird nicht besser. Thomas Winkler

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